Urteil vom 11.01.2021 - 6 OWi - 523 Js 202518/20
AG Weimar - 11.01.2021
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Fundstelle
openJur 2021, 3576
Tenor
Der Betroffene wird freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen hat die
Staatskasse zu tragen.
Gründe
I. Am 24.04.2020 hielt sich der Betroffene in den Abendstunden zusammen mit mindestens sieben weiteren Personen im
Hinterhof des Hauses X-Straße 1 in W. auf, um den Geburtstag eines der Beteiligten zu feiern. Die insgesamt acht Beteiligten verteilten sich auf sieben verschiedene Haushalte. Diese Feststellungen
beruhen auf den glaubhaften Angaben des Betroffenen in der Hauptverhandlung und dem verlesenen Einsatzbericht der Polizei. II. Dieses Verhalten des
Betroffenen verstieß gegen § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 der Dritten Thüringer Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO) vom 18.04.2020
in der Fassung vom 23.04.2020. Diese Normen lauteten wie folgt. § 2 Abs. 1: Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur allein, im Kreise der Angehörigen des
eigenen Haushalts und zusätzlich höchstens mit einer weiteren haushaltsfremden Person gestattet. § 3 Abs. 1: Veranstaltungen, Versammlungen im Sinne des § 1 des Versammlungsgesetzes in der Fassung vom 15. November 1978 (BGBl. I S. 1789) in der jeweils geltenden Fassung, Demonstrationen, Ansammlungen und sonstige Zusammenkünfte mit mehr als zwei Personen sind verboten mit der Ausnahme, dass es sich um
Angehörige des eigenen Haushalts handelt und zusätzlich höchstens eine haushaltsfremde Person hinzukommt. Dies gilt auch für Zusammenkünfte in Kirchengebäuden, Moscheen und Synagogen sowie in Kulträumen anderer
Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften. § 2 Abs. 2 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO regelte Ausnahmen vom Verbot nach § 2 Abs. 1 für die Berichterstattung durch
Medienvertreter, die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten im Freien und die Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs und von Kraftfahrzeugen, § 3 Abs. 2-4 regelten Ausnahmen vom Verbot nach § 3 Abs. 1 für
bestimmte Arten von Veranstaltungen, (öffentliche) Versammlungen in geschlossenen Räumen und unter freiem Himmel, Gottesdienste und sonstige religiöse Zusammenkünfte, Trauerfeiern und Eheschließungen. Keine dieser
Ausnahmen ist vorliegend einschlägig. Dieser Verstoß stellt eine Ordnungswidrigkeit gem. § 14 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO i. V. m. § 73 Abs. 1a Nr. 24 i. V. m. § 32 Satz 1 IfSG dar. Der Betroffene war dennoch aus rechtlichen Gründen freizusprechen, weil § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO
verfassungswidrig und damit nichtig sind. Das Gericht hatte selbst über die Verfassungsmäßigkeit der Normen zu entscheiden, weil die Vorlagepflicht gem. Art. 100 Abs. 1 GG nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend BVerfGE 1, 184 (195ff)) nur für förmliche Gesetze des Bundes und der Länder,
nicht aber für nur materielle Gesetze wie Rechtsverordnungen gilt. Über deren Vereinbarkeit mit der Verfassung hat jedes Gericht selbst zu entscheiden. III. § 2
Abs. 1 und § 3 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO sind aus formellen Gründen verfassungswidrig, da die tief in die Grundrechte eingreifenden Regelungen von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Infektionsschutzgesetz
nicht gedeckt sind. 1. Gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG kann die Exekutive durch ein Gesetz ermächtigt werden,
Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz
bestimmt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat die sich daraus ergebenden Anforderungen an ein ermächtigendes Gesetz in ständiger Rechtsprechung mit drei sich gegenseitig ergänzenden Konkretisierungsformeln, der sog.
Selbstentscheidungsformel (der Gesetzgeber hat selbst die Entscheidung darüber zu treffen, welche Fragen durch die Rechtsverordnung geregelt werden sollen, welche Grenzen der Normierung gesetzt sind und welchem Ziel sie dienen
soll; BVerfGE 2, 307 (334)), der Programmformel (anhand des Gesetzes muss sich bestimmen lassen, welches gesetzgeberische Programm
verordnungsrechtlich umgesetzt werden soll; BVerfGE 5, 71 (77)) und der
Vorhersehbarkeitsformel (der Bürger muss dem ermächtigenden Gesetz entnehmen können, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Ermächtigung Gebrach gemacht wird und welchen Inhalt die Rechtsverordnung haben
wird; BVerfGE 56, 1 (12)) näher expliziert. Darüber hinaus hat es zur Frage des
Grades der Bestimmtheit der Ermächtigung die sog. Wesentlichkeitslehre entwickelt. Nach der Wesentlichkeitslehre muss der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung – soweit
diese staatlicher Regelung überhaupt zugänglich ist – alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen und darf diese nicht an die Exekutive delegieren (BVerfGE 142, 1 (109); BVerfGE 98, 218 (251); BVerfGE 116, 24 (58)). Je wesentlicher Rechtsverordnungen oder andere Rechtsakte der Exekutive in Grundrechte eingreifen, umso genauer und
intensiver müssen die Regelungen des ermächtigenden Gesetzes sein. Das Bundesverfassungsgericht sieht dabei die Anforderungen von Art. 80
Abs. 1 S. 2 GG und der Wesentlichkeitslehre als deckungsgleich an (BVerfGE 150,
1 (100)). Ist im Hinblick auf bestimmte Normen einer Rechtsverordnung den Anforderungen der Wesentlichkeitslehre durch das ermächtigende Gesetz nicht Genüge getan, führt dies zur Verfassungswidrigkeit der Normen der
Verordnung (BVerfGE 150, 1 (209) BVerfGE 136, 69 (92)). Rechtsgrundlage für das hier zur Rede stehende sog. allgemeine Kontaktverbot ist § 32 IfSG i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG in der Fassung vom 27.03.2020. Auf die Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1
IfSG muss insoweit nicht zurückgegriffen werden (vgl. Kießling/Kießling IfSG, § 28 Rn. 35, 44). § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG in der Fassung vom 27.03.2020 lauten: (Satz 1) Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt
oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur
Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte
Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. (Satz 2) Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen
beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen." Da unter "Ansammlungen von Menschen" Personenmehrheiten von
mindestens drei Personen mit einem inneren Bezug oder einer äußeren Verklammerung zu verstehen sind (Kießling, aaO, Rn. 38f), lassen sich § 2 Abs. 1 und das Ansammlungsverbot des § 3 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO
zwar unter den Wortlaut von § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG subsumieren, für eine eingriffsintensive Maßnahme wie ein allgemeines
Kontaktverbot ist § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG aber keine den Anforderungen der Wesentlichkeitslehre genügende
Ermächtigungsgrundlage. Ein allgemeines Kontaktverbot stellt zumindest – die Frage der Betroffenheit der Menschenwürdegarantie muss an dieser Stelle zurückgestellt werden und wird unter IV. erörtert – einen schweren Eingriff in die
allgemeine Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG, darüber hinaus aber auch in die Versammlungs-, Vereinigungs-, Religions-, Berufs- und
Kunstfreiheit dar, nicht nur, weil es alle Bürger adressiert und zwar unabhängig von der Frage, ob sie Krankheits- oder Ansteckungsverdächtige i. S. v. § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG sind oder nicht. Indem allen Bürgern untersagt wird, mit mehr als einer haushaltsfremden Person zusammenzukommen, wobei dies vorliegend nicht nur für den öffentlichen Raum (§ 2 Abs. 1
3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO), sondern gem. § 3 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO auch für den privaten Raum galt, sind die Freiheitsrechte im Kern betroffen. Das allgemeine Kontaktverbot zieht dabei zwangsläufig weitere
Grundrechtseinschränkungen nach sich. So ist es nur logisch folgerichtig, dass unter der Geltung eines allgemeinen Kontaktverbotes Einrichtungen aller Art (§ 5 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO), Einzelhandelsgeschäfte,
Beherbergungsbetriebe (§ 6 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO) und Gastronomiebetriebe (§ 7 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO) ebenfalls geschlossen oder jedenfalls beschränkt werden. Der
Gesetzgeber hatte als Eingriffsvoraussetzung für ein allgemeines Kontaktverbot vor der Schaffung von § 28a IfSG mit Gesetz vom 18.11.2020 lediglich in § 28 Abs. 1 IfSG bestimmt, dass Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige etc. einer übertragbaren Krankheit festgestellt wurden und dass die Maßnahme nur "soweit und solange es zur
Verhinderung der Krankheitsverbreitung erforderlich ist", getroffen werden darf, wobei letzteres nicht mehr als ein expliziter Verweis auf das ohnehin geltende Verhältnismäßigkeitsprinzip ist. Damit sind nur absolute
Minimalvoraussetzungen geregelt. Das Gesetz kann in dieser Form nur Einzelmaßnahmen wie z.B. die in § 28 Abs. 1 Satz 2
IfSG genannte Schließung von (einzelnen) Badeanstalten tragen, nicht aber ein allgemeines Kontaktverbot. Soweit ein allgemeines Kontaktverbot überhaupt verfassungskonform sein kann (dazu näher unter IV. und V.), wäre dafür
zumindest eine präzise Regelung der Anordnungsvoraussetzungen im Sinne einer genauen Konkretisierung der erforderlichen Gefahrenlage zu fordern, aber auch auf der Rechtsfolgenseite wären konkretisierende Regelungen notwendig
(vgl. Kießling, aaO Rn. 63; Papier, Freiheitsrechte in Zeiten der Pandemie, DRiZ, 2020, 180; Bäcker, Corona in Karlsruhe, VerfBlog v. 25.03.2020, https://verfassungsblog.de/corona-in-karlsruhe-ii/; Möllers, Parlamentarische
Selbstentmächtigung im Zeichen des Virus, VerfBlog v. 26.03.2020, https://verfassungsblog.de/parlamentarischeselbstentmaechtigung-im-zeichen-des-virus/). 2. Dass § 28 IfSG hinsichtlich der tiefgreifenden Grundrechtseingriffe einschließlich eines Kontaktverbots durch die verschiedenen Corona-
Verordnungen der Länder jedenfalls im Grundsatz nicht den Anforderungen der Wesentlichkeitsdoktrin genügt, ist in Rechtsprechung und Literatur inzwischen weitgehend Konsens. Der Gesetzgeber hat darauf zwischenzeitlich auch mit
der Einfügung von § 28a IfSG zu
reagieren versucht. Die Rechtsprechung hat aber, um einer sonst unvermeidlichen Verwerfung der Verordnungen zu entgehen, vielfach darauf verwiesen, dass anerkannt sei, dass es im Rahmen unvorhergesehener Entwicklungen aus
übergeordneten Gründen des Gemeinwohls geboten sein könne, nicht hinnehmbare gravierende Regelungslücken für einen Übergangszeitraum auf der Grundlage von Generalklauseln zu schließen und auf diese Weise selbst sehr
eingriffsintensive Maßnahmen, die an sich einer besonderen Regelung bedürften, vorübergehend zu ermöglichen (exemplarisch: OVG NRW, Beschluss vom 06.04.2020 - 13 B 398/20.NE -, juris, Rn. 59 unter Berufung auf OVG NRW,
Urteil vom 5. Juli 2013 - 5 A 607/11 juris, Rn. 97 ff.; Saarl. OVG, Urteil vom 6. September 2013 - 3 A 13/13 -, juris, Rn. 77 ff.; VGH
Bad.-Württ., Urteil vom 22. Juli 2004 - 1 S 2801/03 juris, Rn. 30; BVerfG, Beschluss vom 8. November 2012 - 1 BvR 22/12 -, juris, Rn. 25; BVerwG,
Beschluss vom 31. Januar 2019 - 1 WB 28.17 - juris, Rn. 35; Bethge,
Ausgangssperre, VerfBlog v. 24.03.2020). Diese Voraussetzungen lägen vor, da es sich bei der Corona-Pandemie um ein derart beispielloses Ereignis handele, dass vom Gesetzgeber nicht verlangt werden könnte, die erforderlichen
Regelungen bereits im Voraus getroffen zu haben. Es bestehe auch ein dringender Handlungsbedarf, der zur Schließung gravierender, bei einer Abwägung der gegenläufigen verfassungsrechtlichen Positionen nicht mehr vertretbarer
Schutzlücken den vorübergehenden Rückgriff auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel gebieten würde (OVG NRW, Beschluss vom 06.04.2020 - 13 B 398/20.NE -, juris, Rn. 61). Je länger die Freiheitsbeschränkungen in der Corona-Krise andauerten,
wurde in der Rechtsprechung zunehmend die Frage diskutiert, ob der "Übergangszeitraum" nicht bereits abgelaufen sei [vgl. etwa BayVGH, Beschluss vom 29.10.2020 - 20 NE 20.2360 -, juris, der dieser Frage breiten Raum widmet und sie an einer Stelle zumindest implizit bereits bejaht (Rn. 30): "Bis zu welchem Ausmaß und für welchen Zeitraum die §§ 32, 28
IfSG möglicherweise noch ausreichend waren, um die mit einer bislang nicht dagewesenen Pandemie … entstandene Gefahrenlage zu bewältigen, bedarf an dieser Stelle keiner abschließenden Entscheidung …" (Hervorhebung
hinzugefügt), um dann mit dem Argument, dass der Bayerische Landtag die Staatsregierung mittlerweile aufgefordert habe, sich für die Schaffung konkreter Befugnisnormen im IfSG einzusetzen, am Ende die Frage doch wieder in die
Schwebe zu bringen und von einer Verwerfung der angegriffenen Norm abzusehen.] 3. Es kann hier dahinstehen, ob die damit vorgenommene Relativierung der Geltung der Wesentlichkeitslehre mit
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Einklang zu bringen ist (ablehnend etwa Möllers, aaO: "Sollten wir aus der Krise mit der Einsicht herausgehen, dass fundamentale Normen der Arbeitsteilung zwischen Parlament
und Regierung … befristet unter einem ungeschriebenen verfassungsrechtlichen Notstandsvorbehalt stehen, wäre das fatal."), es soll diesbezüglich lediglich noch darauf hingewiesen werden, dass die einzige in diesem Zusammenhang
zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, der Beschluss vom 08.11.2012 - 1 BvR 22/12 -, kaum als Beleg angeführt werden kann, da in dieser Entscheidung lediglich unbeanstandet gelassen wurde, dass die Untergerichte die polizeiliche Generalklausel in
einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als noch ausreichende Rechtsgrundlage für eine Maßnahme, die möglicherweise einer detaillierten Ermächtigungsgrundlage bedurft hätte, angesehen haben, die Entscheidung über die
Frage der Rechtsgrundlage somit in das Hauptsacheverfahren verlagert wurde. Dass gesetzliche Regelungslücken von der Exekutive unter bestimmten Bedingungen durch die Anwendung von Generalklauseln geschlossen werden
könnten und insoweit die Anforderungen der Wesentlichkeitslehre vorübergehend suspendiert seien, ist damit in dieser Entscheidung nicht gesagt. Soweit eingriffsintensive Maßnahmen, die an sich
einer besonderen Regelung bedürften, unter Rückgriff auf Generalklauseln nur im Rahmen "unvorhergesehener Entwicklungen" zulässig sein sollen, ist diese Voraussetzung vorliegend nicht erfüllt. Bereits im Jahr 2013 lag dem
Bundestag eine unter Mitarbeit des Robert Koch-Instituts erstellte Risikoanalyse zu einer Pandemie durch einen "Virus Modi-SARS" vor, in der ein Szenario mit 7,5 Millionen (!) Toten in Deutschland in einem Zeitraum von drei Jahren
beschrieben und antiepidemische Maßnahmen in einer solchen Pandemie diskutiert wurden (Bundestagsdrucksache 17/12051). Der Gesetzgeber hätte daher im Hinblick auf ein solches Ereignis, das zumindest für "bedingt wahrscheinlich" (Eintrittswahrscheinlichkeit Klasse C) gehalten
wurde, die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes prüfen und ggf. anpassen können. Hinzu kommt – und dieses Argument ist gewichtiger –, dass am 18.04.2020, dem Tag des Erlasses der 3.
ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO, weder in Deutschland im Ganzen betrachtet, noch in Thüringen eine epidemische Lage bestand, angesichts derer es ohne die Ergreifung von einschneidenden Maßnahmen durch die Exekutive unter
Rückgriff auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel bzw. die (den Anforderungen der Wesentlichkeitslehre ebenfalls nicht genügenden) Spezialermächtigungen des § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG zu "nicht mehr vertretbaren Schutzlücken" gekommen wäre. Es gab keine "epidemische Lage von nationaler Tragweite" (§ 5 Abs. 1 IfSG), wenngleich dies der Bundestag mit Wirkung ab 28.03.2020 festgestellt hat. Diese Einschätzung ergibt sich bereits allein aus den veröffentlichten Daten des Robert Koch-Instituts: - Der Höhepunkt der COVID-19-Neuerkrankungen
(Erkrankungsbeginn = Beginn der klinischen Symptome) war bereits am 18.03.2020 erreicht. Dies ergibt sich aus einer Grafik, die seit dem 15.04.2020 täglich in den Situationsberichten des Robert Koch-Instituts veröffentlicht wurde und
die den zeitlichen Verlauf der Neuerkrankungen zeigt (z.B. Lagebericht vom 16.04.2020, S. 6, Abb. 6). Bringt man hier noch die laut Robert Koch-Institut durchschnittliche Inkubationszeit von 5 Tagen in Abzug, ergibt sich als Tag des
Höhepunktes der Neuinfektionen der 13.03.2020. Zum Zeitpunkt des Beginns des Lockdowns am 22.03.2020 sank damit die Zahl der Neuinfektionen bereits seit 10 Tagen. Einschränkend ist lediglich zu bemerken, dass die Ermittlung
des Verlaufs der Neuerkrankungen durch das Robert Koch-Institut insoweit mit einer Unsicherheit behaftet ist, als sie allein auf den gemeldeten Positivtests (und dem dabei entweder mit gemeldeten Erkrankungsbeginn bzw. – soweit nicht
bekannt – dem geschätzten Erkrankungsbeginn) beruht und die Zahl der durchgeführten Tests nicht konstant war. Da aber von der 11. Kalenderwoche (09.-15.03.) bis zur 14. Kalenderwoche die wöchentlichen Testzahlen gesteigert
wurden – von der 11. auf die 12. Kalenderwoche sprunghaft, danach nur noch mäßig – wäre für den Peak der Kurve der Neuerkrankungen eine zeitliche Verzerrung nach hinten zu erwarten, er wäre somit "verspätet" registriert worden
und könnte in Wirklichkeit noch etwas vor dem 18.03.2020 gelegen haben. Dies kann hier aber dahingestellt bleiben, da es die vorliegende Argumentation nur noch verstärken würde. - Vor dem
Lockdown gab es dementsprechend auch keine exponentielle Steigerung der Neuinfektionen. Zwar stieg die Zahl der Positivtests von 7.582 in der 11. Kalenderwoche (09.-15.03.) auf 23.820 in der 12. Kalenderwoche (16.-22.03.) und
damit um 214 %, dieser Anstieg war aber vor allem auf eine Steigerung der Testzahlen von 127.457 (11. KW) um 173 % auf 348.619 (12. KW) zurückzuführen (Lagebericht vom 15.04.2020, Tabelle 4, S. 8). Der Anteil der Positivtests an
den Gesamttests (sog. Positivenquote) stieg nur von 5,9% auf 6,8%, was einer Steigerung um lediglich 15% entspricht. - Wie sich aus dem Epidemiologischen Bulletin 17/2020 des Robert Koch-
Instituts, veröffentlicht am 15.04.2020, ergibt, sank die effektive Reproduktionszahl R nach den Berechnungen des RKI bereits am 21.03.2020 unter den Wert 1
(https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/6650.2/17_2020_2.Artikel.pdf?sequence=3&isAllowed=y) und blieb dann mit kleineren Schwankungen ungefähr bei 1. Da nach den Erläuterungen des Robert Koch-Instituts
(Erläuterung der Schätzung der zeitlich variierenden Reproduktionszahl R, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/R-Wert-Erlaeuterung.pdf?__blob=publicationFile) die an einem bestimmten Tag
berichtete Reproduktionszahl die Neuinfektionen im Zeitraum 13 bis 8 Tage vor diesem Tag beschreibt, ist diese Zeitverzögerung noch in Abzug zu bringen, so dass danach der R-Wert (bei einer Korrektur um 10 Tage) bereits am 11.
März unter 1 lag, was obigem Befund zum Höhepunkt der Neuinfektionen entspricht (vgl. Kuhbandner, Warum die Wirksamkeit des Lockdowns wissenschaftlich nicht bewiesen ist, https://www.heise.de/tp/features/Warum-die-
Wirksamkeit-des-Lockdowns-wissenschaftlich-nicht-bewiesen-ist-4992909.html?seite=all.) - Da die Zahl der Neuinfektionen bereits seit Mitte März rückläufig war, ist es nicht überraschend, dass in
Deutschland zu keinem Zeitpunkt im Frühjahr 2020 eine konkrete Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystems durch eine "Welle" von COVID-19-Patienten bestand. Wie sich dem am 17.03.2020 neuetablierten DIVI-Intensivregister
entnehmen lässt, waren im März und April in Deutschland durchgehend mindestens 40% der Intensivbetten frei. In Thüringen wurden am 03.04.2020 378 Intensivbetten als belegt gemeldet, davon 36 mit COVID-19-Patienten. Dem
standen 417 (!) freie Betten gegenüber. Am 16.04.2020, also zwei Tage vor dem Erlass der Verordnung wurden 501 Intensivbetten als belegt gemeldet, davon 56 mit COVID-19-Patienten. Dem standen 528 (!) freie Betten gegenüber
(https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/zeitreihen Die Zunahme der Gesamtbettenzahl ist dadurch zu erklären, dass anfangs nicht alle Kliniken an das DIVI-Intensivregister meldeten, erst ab dem 25. April kann von einer
Meldung nahezu aller Kliniken ausgegangen werden.) Die Höchstzahl der gemeldeten COVID-19- Patienten betrug in Thüringen im Frühjahr 63 (28. April), die Zahl der COVID-19-Patienten lag damit zu keinem Zeitpunkt in einem Bereich,
bei dem eine Überlastung des Gesundheitssystems zu befürchten gewesen wäre. - Diese Einschätzung der tatsächlichen Gefahren durch COVID-19 im Frühjahr 2020 wird bestätigt durch eine
Auswertung von Abrechnungsdaten von 421 Kliniken der Initiative Qualitätsmedizin (https://www.initiative-qualitaetsmedizin.de/effekte-der-sars-cov-2-pandemie-auf-die-stationaere-versorgung-im-ersten-halbjahr-2020), die zu dem
Ergebnis kam, dass die Zahl der in Deutschland im ersten Halbjahr 2020 stationär behandelten SARI-Fälle (SARI = severe acute respiratory infection = schwere Atemwegserkrankungen) mit insgesamt 187.174 Fällen sogar niedriger lag
als im ersten Halbjahr 2019 (221.841 Fälle), obwohl darin auch die COVID bedingten SARI-Fälle mit eingeschlossen waren. Auch die Zahl der Intensivfälle und der Beatmungsfälle lag nach dieser Analyse im ersten Halbjahr 2020 niedriger
als in 2019. - Auch die Sterbestatistik unterstützt diesen Befund. Laut Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts (https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-
Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/Tabellen/sonderauswertung-sterbefaelle.html?nn=209016) starben im ersten Halbjahr 2020 in Deutschland 484.429 Menschen, im ersten Halbjahr 2019 waren es 479.415, 2018
501.391, 2017 488.147 und 2016 461.055 Menschen. Sowohl 2017 als auch 2018 gab es danach im ersten Halbjahr mehr Todesfälle als in 2020 (für die weitere Entwicklung vgl. den CoDAG-Bericht Nr. 4 des Instituts für Statistik der
Ludwig-Maximilians-Universität München vom 11.12.2020, https://www.covid19.statistik.uni-muenchen.de/pdfs/bericht-4.pdf). - Die Schreckenszenarien, die im Frühjahr die Entscheidung über den
Lockdown maßgeblich beeinflussten (dazu näher unter V.1.), beruhten auch auf falschen Annahmen zur Letalität des Virus (sog. infection fatality rate = IFR) und zur Frage einer bereits vorhandenen bzw. fehlenden Grundimmunität gegen
das Virus in der Bevölkerung. Die Kontagiosität wurde dagegen von Anfang nicht als dramatisch höher beurteilt als bei einem Influenzavirus (das Robert Koch-Institut gibt die Basisreproduktionszahl R0 von SARS-CoV-2 mit 3,3 - 3,8 an,
bei Influenza liegt sie nach den meisten Angaben bei 1 - 3, bei Masern bei 12 - 18). Die Letalität beträgt nach einer Metastudie des Medizinwissenschaftlers und Statistikers John Ioannidis, eines der meistzitierten Wissenschaftler weltweit,
die im Oktober in einem Bulletin der WHO veröffentlicht wurde, im Median 0,27%, korrigiert 0,23 % und liegt damit nicht höher als bei mittelschweren Influenzaepidemien (https://www.who.int/bulletin/online_first/BLT.20.265892.pdf). Der
Altersmedian der an oder mit SARS-CoV-2 Verstorbenen beträgt in Deutschland 84 Jahre (vgl. Situationsbericht des RKI vom 05.01.2021, S. 8). Und entgegen den ursprünglichen Annahmen, die von einer fehlenden Immunität gegen das
"neuartige" Virus ausgingen, weshalb zum Erreichen einer Herdenimmunität 60-70% Bevölkerung infiziert werden müssten, gibt es bei bis zu 50% der Bevölkerung, die nicht SARS-CoV-2 exponiert waren, bereits eine Grundimmunität
durch kreuzreaktive T-Zellen, die durch Infektionen mit früheren Corona-Viren entstanden sind (Doshi, Covid-19: Do many people have pre-existing immunity?, https://www.bmj.com/content/370/bmj.m3563, dazu auch: SARS-CoV-2: Ist
die Grundimmunität größer als angenommen?, DAZ.online vom 14.10.2020, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/10/14/sars-cov-2-ist-die-grundimmunitaet-hoeher-als-angenommen). Da nach allem keine Situation bestand, die ohne einschneidende Maßnahmen zu "unvertretbaren Schutzlücken" geführt hätte, sind § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO auch wenn man der
Rechtsauffassung folgt, dass in einer solchen Situation ein Rückgriff auf Generalklauseln verfassungsgemäß ist, wegen Verstoßes gegen die Anforderungen der Wesentlichkeitslehre verfassungswidrig. IV. Das allgemeine Kontaktverbot bzw. das Ansammlungsverbot gem. § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO ist aus materiellen Gründen verfassungswidrig, weil es
die in Art. 1 Abs. 1 GG als unantastbar garantierte Menschenwürde verletzt. Unantastbarkeit der Menschenwürde
heißt, dass eine Verletzung der Menschenwürde nicht mit anderen Grundwerten der Verfassung gerechtfertigt werden kann; der Achtungsanspruch der Menschenwürde ist kategorisch. Dies bedeutet aber nicht, dass der Inhalt dieses
Achtungsanspruchs, das, was der Würde des Einzelnen geschuldet ist, unabhängig von der konkreten Situation bestimmt werden könnte. Insbesondere die Rücksicht auf Würde und Leben anderer prägt den Inhalt des
Achtungsanspruchs mit (Maunz/Dürig/Herdegen, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 46.) So kann z. B. physischer Zwang oder Freiheitsentzug in bestimmten Situationen die Würde des Betroffenen verletzen, in anderen dagegen nicht. In den
Worten des Bundesverfassungsgerichts: "Was den Grundsatz der Unantastbarkeit der Menschenwürde angeht, so hängt alles von der Festlegung ab, unter welchen Umständen sie verletzt sein kann. Dies lässt sich nicht generell
sagen, sondern immer nur in Ansehung des konkreten Falls." (BVerfG NJW
1993, 3315). Unbestritten bleibt dabei, dass es einzelne Handlungen gibt, die unabhängig von dem mit ihnen verfolgten Zweck (Finalität) eine Würdeverletzung darstellen. Dazu zählen Folter, Genozid oder Massenvertreibung.
Daneben gibt es bestimmte Handlungen, die allein aufgrund ihrer Finalität würdeverletzend sind, als Beispiel ist hier die rassistische Diskriminierung zu nennen (Herdegen, aaO, Rn. 47). Abgesehen von diesen Fällen kommt es aber immer
auf eine wertende Gesamtwürdigung an. Für diese wird von der Rechtsprechung häufig die sog. Objektformel herangezogen, nach der die Menschenwürde betroffen ist, wenn der konkrete Mensch zum bloßen Objekt herabgewürdigt
wird. Diese Formel ist aber insofern nur begrenzt operationalisierbar, als sie nicht frei von tautologischen Elementen ist. Sie kann daher nur die Richtung weisen, in der Fälle der Verletzung der Menschenwürde gefunden werden können
(BVerfG 30, 1 (25)). Richtungsweisend in diesem Sinne erscheint auch ein Ansatz, der den Menschenwürdesatz als Schutz vor Tabuverletzungen
begreift (Sachs/Höfling, GG Art. 1 Rn. 18). Auf den vorliegenden Fall bezogen ergibt sich daraus folgendes: Bei
einem allgemeinen Kontaktverbot handelt es sich um einen schweren Eingriff in die Bürgerrechte. Es gehört zu den grundlegenden Freiheiten des Menschen in einer freien Gesellschaft, dass er selbst bestimmen kann, mit welchen
Menschen (deren Bereitschaft vorausgesetzt) und unter welchen Umständen er in Kontakt tritt. Die freie Begegnung der Menschen untereinander zu den unterschiedlichsten Zwecken ist zugleich die elementare Basis der Gesellschaft.
Der Staat hat sich hier grundsätzlich jedes zielgerichteten regulierenden und beschränkenden Eingreifens zu enthalten. Die Frage, wie viele Menschen ein Bürger zu sich nach Hause einlädt oder mit wie vielen Menschen eine Bürgerin
sich im öffentlichen Raum trifft, um spazieren zu gehen, Sport zu treiben, einzukaufen oder auf einer Parkbank zu sitzen, hat den Staat grundsätzlich nicht zu interessieren. Mit dem Kontaktverbot
greift der Staat – wenn auch in guter Absicht – die Grundlagen der Gesellschaft an, indem er physische Distanz zwischen den Bürgerinnen und Bürgern erzwingt ("social distancing"). Kaum jemand konnte sich noch im Januar 2020 in
Deutschland vorstellen, dass es ihm durch den Staat unter Androhung eines Bußgeldes untersagt werden könnte, seine Eltern zu sich nach Hause einzuladen, sofern er nicht für die Zeit ihrer Anwesenheit die übrigen Mitglieder seiner
Familie aus dem Haus schickt. Kaum jemand konnte sich vorstellen, dass es drei Freunden verboten sein könnte, zusammen auf einer Parkbank zu sitzen. Noch nie zuvor ist der Staat auf den Gedanken verfallen, zu solchen
Maßnahmen zur Bekämpfung einer Epidemie zu greifen. Selbst in der Risikoanalyse "Pandemie durch Virus Modi-SARS" (BT-Drs. 17/12051), die immerhin ein Szenario mit 7,5 Millionen Toten beschrieb, wird ein allgemeines Kontaktverbot (ebenso wie Ausgangssperren und die weitgehende Stilllegung des öffentlichen
Lebens) nicht in Erwägung gezogen. Als antiepidemische Maßnahmen werden neben Quarantäne von Kontaktpersonen Infizierter und Absonderung von Infizierten nur Schulschließungen, die Absage von Großveranstaltungen und
Hygieneempfehlungen genannt (BT-Drs. 17/12051, S. 61f). Wenngleich es scheint, dass es in den Monaten der Corona-Krise zu einer Werteverschiebung mit der Folge gekommen ist, dass zuvor als absolut exzeptionell betrachtete Vorgänge inzwischen von vielen Menschen als
mehr oder weniger "normal" empfunden werden, was selbstverständlich auch den Blick auf das Grundgesetz verändert, sollte nach dem Gesagten an sich kein Zweifel daran bestehen, dass mit einem allgemeinen Kontaktverbot der
demokratische Rechtsstaat ein – bisher als vollkommen selbstverständlich angesehenes – Tabu verletzt. Hinzu kommt und als gesondert zu würdigender Aspekt ist zu beachten, dass der Staat mit
dem allgemeinen Kontaktverbot zum Zwecke des Infektionsschutzes jeden Bürger als potentiellen Gefährder der Gesundheit Dritter behandelt. Wird jeder Bürger als Gefährder betrachtet, vor dem andere geschützt werden müssen, wird
ihm zugleich die Möglichkeit genommen, zu entscheiden, welchen Risiken er sich selbst aussetzt, was eine grundlegende Freiheit darstellt. Ob die Bürgerin abends ein Café oder eine Bar besucht und um der Geselligkeit und
Lebensfreude willen das Risiko einer Infektion mit einem Atemwegsvirus in Kauf nimmt oder ob sie vorsichtiger ist, weil sie ein geschwächtes Immunsystem hat und deshalb lieber zu Hause bleibt, ist ihr unter der Geltung eines allgemeinen
Kontaktverbotes nicht mehr zur Entscheidung überlassen. Das freie Subjekt, das selbst Verantwortung für seine und die Gesundheit seiner Mitmenschen übernimmt, ist insoweit suspendiert. Alle Bürger werden vom Staat als potentielle
Gefahrenquellen für andere und damit als Objekte betrachtet, die mit staatlichem Zwang "auf Abstand" gebracht werden müssen. Mit der Feststellung, dass mit dem allgemeinen Kontaktverbot ein
Tabu verletzt und der Bürger als Objekt behandelt wird, ist allerdings noch nicht entschieden, ob damit die Menschenwürde verletzt ist. Im Rahmen der wertenden Gesamtwürdigung ist die Frage zu beantworten, ob grundsätzlich
Umstände denkbar wären, unter denen ein allgemeines Kontaktverbot dennoch als mit der Würde der Menschen vereinbar angesehen werden könnte. Da eine Tabuverletzung im Bereich grundrechtseingreifenden Handeln des Staates
allenfalls zur Abwendung einer ganz außergewöhnlichen Notlage hinnehmbar erscheint, wäre dies nur bei einem allgemeinen Gesundheitsnotstand – einem drohenden flächendeckenden Zusammenbruch des Gesundheitssystems durch
Überlastung bzw. der Drohung von Todesfällen in vollkommen anderen Dimensionen als bei den regelmäßig vorkommenden Grippewellen – und auch nur dann gegeben, sofern von dem tabuverletzenden Grundrechtseingriff ein
substantieller Beitrag zur Abwendung oder Begrenzung des Notstandes zu erwarten wäre. Beides war nicht der Fall. Dass im Frühjahr kein allgemeiner Gesundheitsnotstand in Deutschland bestand, wurde bereits gezeigt. Dass von einem
allgemeinen Kontaktverbot kein substantieller Beitrag zur positiven Beeinflussung einer Epidemie zu erwarten ist, wird unter V. noch näher ausgeführt. Unter den tatsächlich gegebenen Umständen
verletzt der Staat danach mit einem allgemeinen Kontaktverbot den mit der Menschenwürde bezeichneten Achtungsanspruch der Bürger. V. Soweit der
Auffassung, dass die hier zur Rede stehenden Normen die Menschenwürde verletzen, nicht gefolgt wird, genügen die Normen jedenfalls nicht dem Verhältnismäßigkeitsgebot. Mit dem allgemeinen
Kontaktverbot und dem Verbot von Ansammlungen wird in die allgemeine Handlungsfähigkeit gem. Art. 2 Abs. 1 GG und in Spezialgrundrechte
eingegriffen. Die Prüfung kann hier auf die Frage der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit beschränkt werden, da bei Verneinung der Verhältnismäßigkeit dieses Eingriffs auch die Eingriffe in die
Spezialgrundrechte (soweit die Eingriffe nicht über den Regelungsinhalt des Kontaktverbotes hinausgehen) unverhältnismäßig sind. 1. Verhältnismäßigkeit setzt voraus, dass mit einem
Grundrechtseingriff ein legitimes Ziel verfolgt wird, der Eingriff geeignet ist, die Zielerreichung zu fördern, der Eingriff erforderlich ist, weil es kein milderes Mittel gibt, das in gleicher Weise geeignet ist, und er schließlich auch angemessen,
d.h. verhältnismäßig im engeren Sinne ist. Als Ziel des Lockdowns wurde anfangs ausschließlich die Verhinderung einer Überlastung des Gesundheitssystems bezeichnet. In dem Lockdown-
Beschluss vom 22.03.2020 gaben die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder als Ziel an: "Wir müssen alles dafür tun, um einen unkontrollierten Anstieg der Fallzahlen zu verhindern und unser Gesundheitssystem
leistungsfähig zu halten. Dafür ist die Reduzierung von Kontakten entscheidend." (https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/besprechung-der-bundeskanzlerin-mit-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-
laender-vom-22-03-2020-1733248). Um eine Überlastung des Gesundheitssystems durch einen unkontrollierten Anstieg der Patientenzahlen zu verhindern, sollte der Anstieg der Neuinfektionen gebremst werden, um die erwartete Zahl an
Intensivpatienten auf einen längeren Zeitraum zu verteilen ("flatten the curve"). Dies war auch das maßgebliche Ziel der Thüringer Landesregierung seit dem Erlass der Thüringer Corona-EindämmungsVO vom 24.03.2020 und auch der
3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO vom 18.04.2020, der eine erneute Beratung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder am 15.04.2020 vorausging, bei der beschlossen wurde, den Lockdown zu verlängern. Da die
Ausbreitung des Virus als unvermeidlich angesehen wurde, ging es anfangs dagegen nicht darum, die Zahl der Infektionen so gering wie möglich zu halten. Erst nachdem unübersehbar wurde, dass es zu keiner Überlastung des
Gesundheitssystems kommen würde, wurde als Ziel der Maßnahmen zunehmend die bloße Minimierung der Infektionszahlen genannt. Zum Verständnis des Hintergrundes des Lockdown-Beschlusses
ist ein im März verfasstes Strategiepapier des Bundesinnenministeriums mit dem Titel "Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen" von Bedeutung (das als Verschlusssache deklarierte Papier ist inzwischen auf der Webseite des
Bundesinnenministeriums öffentlich zugänglich https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2020/corona/szenarienpapier-covid19.html). In diesem Papier wurden in einem Worst-Case-Szenario über eine
Million Tote allein in Deutschland bis Ende Mai 2020 prognostiziert. Der Bedarf an Intensivbetten sollte in dem Szenario etwa am 09.04.2020 erstmals die Zahl der verfügbaren Betten übersteigen. Die Pandemie wurde als "größte
Herausforderung seit dem Ende des Zweiten Weltkriege" bezeichnet - genau diese Worte verwendete auch die Bundeskanzlerin in ihrer Fernsehansprache vom 18.03.2020, was dafür spricht, dass die Prognosen aus dem
Strategiepapier bei der Entscheidung über den Lockdown eine maßgebliche Rolle spielten. Allerdings gab es auch im März schon gegenteilige Äußerungen renommierter Wissenschaftler wie die von John Ioannidis, der in einem Artikel
vom 17.03.2020 darauf hinwies, dass die bisher verfügbaren Daten solche Szenarien nicht stützen könnten (A fiasco in the making? As the coronavirus pandemic takes hold, we are making decisions without reliable data, StatNews
17.03.2020, https://www.statnews.com/2020/03/17/a-fiasco-in-the-making-as-the-coronavirus-pandemic-takes-hold-we-are-making-decisions-without-reliable-data/). Bei beiden Zielen – Verhinderung
einer Überlastung des Gesundheitssystems und Minimierung der Infektionen – handelt es sich grundsätzlich um legitime Ziele des Verordnungsgebers, die Verhältnismäßigkeitsprüfung muss aber für jedes Ziel gesondert erfolgen. Dabei ist
eine von den übrigen Lockdown-Maßnahmen isolierte Betrachtung des hier zu beurteilenden allgemeinen Kontaktverbotes kaum möglich, aber auch nicht erforderlich, da die Reduzierung von Kontakten die grundlegende Logik des
Lockdowns darstellt. Mit einem allgemeinen Kontaktverbot müssen zwangsläufig weitere Maßnahmen wie die Schließung von Einrichtungen einhergehen, da ein allgemeines Kontaktverbot im öffentlichen und privaten Raum bei
gleichzeitiger uneingeschränkter Begegnungsmöglichkeit in Kino, Theater, Konzert, in Sporteinrichtungen, in der Gastronomie etc. weitgehend leerliefe. 2. Da es für die Geeignetheit einer Maßnahme
im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung als ausreichend angesehen wird, wenn sie die Zielerreichung in irgendeiner Weise fördert, kann das allgemeine Kontaktverbot als geeignet hinsichtlich beider Ziele angesehen werden, da
unbestreitbar die Reduktion von Kontakten grundsätzlich zur Reduktion von Infektionen beitragen kann. (Die Frage der Wirksamkeit von Lockdowns ist damit allerdings noch nicht entschieden.) 3.
Um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, waren allerdings zum Zeitpunkt des Erlasses der 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO, wie bereits unter III. 3. gezeigt, die Verhängung eines allgemeinen Kontaktverbotes und
auch sonstige Lockdown-Maßnahmen nicht erforderlich. Da aber dem Verordnungsgeber ein Einschätzungsspielraum einzuräumen ist, stellt sich die Frage, ob die Landesregierung zum Zeitpunkt des
Verordnungserlasses im Rahmen ihres Einschätzungsspielraumes zu einer anderen als der hier dargelegten Situationsbewertung kommen und die Anordnung eines Kontaktverbotes (und anderer Maßnahmen) zur Verhinderung einer
Überlastung des Gesundheitssystems für erforderlich halten durfte. Dazu ist festzuhalten, dass von dem Verordnungsgeber erwartet werden muss, dass er in Vorbereitung seiner Entscheidungen die ihm zur Verfügung stehenden und
durch ihn auswertbaren Erkenntnisquellen nutzt und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse in den Entscheidungsprozess einfließen lässt. Einschätzungsspielraum heißt nicht, dass es dem Verordnungsgeber gestattet wäre, bei
widerstreitenden Ansichten und Bewertungen sich ohne Ausschöpfung der eigenen Erkenntnismöglichkeiten "auf eine Seite zu schlagen". Es heißt auch nicht, dass er sich unter Verweis darauf, dass dem Robert Koch-Institut nach § 4 IfSG vom Bundesgesetzgeber eine zentrale Stellung bei der Einschätzung des Infektionsgeschehens zuerkannt
worden ist, auf die in den Täglichen Situationsberichten enthaltene zusammenfassende Risikobewertung zurückziehen und allein wegen einer Risikoeinschätzung für die Gesundheit der Bevölkerung als "hoch" bzw. "sehr hoch"
einschneidende Maßnahmen für gerechtfertigt halten dürfte. Der Verordnungsgeber trägt die volle Verantwortung für die Verfassungsmäßigkeit der von ihm erlassenen Verordnung und kann diese auch nicht teilweise an das Robert
Koch-Institut delegieren. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, muss er sich – soweit nötig, selbstverständlich unter Zuhilfenahme sachkundiger Expertise und Beratung – eigene Sachkunde verschaffen, was vorliegend heißt, dass
er sich mit den vom Robert Koch-Institut bereitgestellten Daten und mit Daten aus anderen, ihm zugänglichen Quellen selbst auseinandersetzen muss. Unter Beachtung dieser Anforderungen ist die
Frage, ob der Verordnungsgeber die Verlängerung des Lockdowns als erforderlich zur Abwendung einer Überlastung des Gesundheitssystems erachten durfte, eindeutig mit "Nein" zu beantworten. Dem Verordnungsgeber standen die
Daten des Intensivregisters zur Verfügung; unabhängig davon war ihm eine Abfrage der Situation in den Thüringer Kliniken ohne weiteres möglich und wurde sehr wahrscheinlich auch durchgeführt. Auch die oben bereits erläuterten
Daten aus den Täglichen Situationsberichten und dem Epidemiologischen Bulletin 17/2020 des Robert Koch-Instituts standen dem Verordnungsgeber zur Verfügung. Die Grafik über den Verlauf der Neuerkrankungen wurde erstmals im
Situationsbericht vom 15.04.2020 veröffentlicht, konnte daher vom Verordnungsgeber berücksichtigt werden. Davor hatte das Robert Koch-Institut bereits wochenlang eine Grafik zum Verlauf der Neuerkrankungen veröffentlicht, die
zwar weniger genau war, weil in ihr bei den Fällen, bei denen der Erkrankungsbeginn nicht bekannt war, keine Schätzung des Erkrankungsbeginns vorgenommen, sondern ersatzweise das Meldedatum verwendet wurde (z. B. Täglicher
Situationsbericht vom 01.04.2020, S. 4, Abb. 3), aber auch dieser Grafik war zu entnehmen, dass der Höhepunkt der Neuerkrankungen bereits Mitte März erreicht war. Die am 15.04.2020 veröffentlichte Grafik kam daher keinesfalls
überraschend, sondern entsprach ziemlich genau dem, was bereits wochenlang in den Situationsberichten zum Verlauf der Neuerkrankungen veröffentlicht wurde. Der Verordnungsgeber konnte danach wissen, dass die Zahl der
Neuinfektionen in Deutschland bereits seit Mitte März sank. Es gab danach für ihn keinen Grund für die Annahme, es könnte doch noch eine Welle von COVID-19-Patienten auf die Thüringer Kliniken zukommen. Dafür hätte es eine
Trendumkehr geben müssen, für die es keinerlei Anhaltspunkte gab. Der Verordnungsgeber konnte aus den Daten des Robert Koch-Instituts auch erkennen, dass es keine Hinweise auf die
Wirksamkeit des am 22. März beschlossenen Lockdowns gab, so dass für den Fall der Aufhebung des Lockdowns auch nicht mit einem erneuten Anstieg der Infektionen zu rechnen war. Schließlich war für den Verordnungsgeber auch
ohne weiteres erkennbar, dass selbst für den Fall eines – entgegen den sich aus dem bisherigen Verlauf der Epidemie ergebenden Erwartungen – erneuten Anstieges der Neuinfektionen aufgrund der enormen Zahl freier Betten (528 freie
Intensivbetten bei 56 COVID-19-Patienten am 16. April) noch ausreichend Zeit bliebe, um auf die veränderte Situation zu reagieren. Es gab also auch bei einem ungeachtet der klaren Datenlage verbliebenen Misstrauen hinsichtlich der
Stabilität der Entwicklung keinen Grund für eine vorsorgliche Verlängerung des Lockdowns. Und nicht zuletzt hätte es der Landesregierung zu denken geben und das Vertrauen in die eigene Bewertung der Situation stärken müssen,
dass sich Schreckensszenarien wie die aus dem Strategiepapier des Bundesinnenministeriums vom März ganz offensichtlich als science fiction erwiesen hatten. 4. Soweit die Minimierung der
Infektionen als eigenständiges Ziel, unabhängig von der Frage, ob eine Überlastung des Gesundheitssystems drohte, verfolgt wurde, ist das Kontaktverbot in Bezug auf dieses Ziel als erforderlich anzusehen, da ohne ein Kontaktverbot
die Erreichung des Ziels nicht in gleicher Weise gefördert werden konnte. Es ist aber nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. a. Für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sind der
Nutzen der Maßnahmen und die Kosten, die sich aus den Freiheitseinschränkungen und ihren Kollateralschäden und Folgekosten zusammensetzen, gegeneinander abzuwägen. Dafür müssen die Vorteile und die Nachteile beschrieben,
gewichtet und bewertet werden (Murswiek, Verfassungsrechtliche Probleme der Corona-Bekämpfung. Stellungnahme für die Enquete-Kommission 17/2 "Corona-Pandemie" des Landtags Rheinland-Pfalz, S. 24,
https://dokumente.landtag.rlp.de/landtag/vorlagen/2-12-17.pdf). b. Als Nutzen des Lockdowns wäre die Zahl der verhinderten COVID-19-Todesfälle und schweren Erkrankungen anzusehen, wobei,
präzise formuliert, nach dem Nutzen zu fragen ist, den der Verordnungsgeber zum Zeitpunkt des Verordnungserlasses am 18.04.2020 unter Berücksichtigung seines Einschätzungsspielraumes berechtigterweise erwarten durfte. Hierzu ist
erneut darauf zu verweisen, dass der Verordnungsgeber wissen musste, dass die Zahl der Neuinfektionen bereits seit Mitte März sank, dass die effektive Reproduktionszahl seit Beginn des Lockdowns am 23.03.2020 um den Wert 1
schwankte und ein positiver Effekt des bereits dreieinhalb Wochen andauernden Lockdowns nicht erkennbar war. Auch die Grafik betreffend den Verlauf der Neuerkrankungen zeigte eine nahezu gleichmäßig abfallende Kurve ohne
erkennbare Stufung, so dass auch an ihr ein Effekt des Lockdowns nicht ablesbar war. Dafür, dass die Zahl der Neuerkrankungen durch die Verlängerung des Lockdowns mit der Verordnung vom 18.04.2020 signifikant beeinflusst
werden könnte, gaben die Daten des Robert Koch-Instituts keinerlei Anhaltspunkte. Der Verordnungsgeber konnte somit allenfalls eine sehr geringfügige Reduzierung der Zahl der Neuerkrankungen (und damit der Todesfälle) erwarten.
Tatsächlich zeigte die Fortschreibung der Kurve der Neuerkrankungen in den Täglichen Situationsberichten dann auch nach dem 18.04.2020 keinen erkennbaren Effekt der Verlängerung des Lockdowns. Dass der Lockdown seit dem 23. März keinen messbaren Effekt hatte, ist auch insofern nicht überraschend, als die WHO erst in einer im Oktober 2019 veröffentlichten Metastudie zur Wirksamkeit von sog. nicht-
pharmazeutischen Interventionen (non-pharmaceutical interventions = NPI) bei Influenzaepidemien zu dem Ergebnis kam, dass es für die Wirksamkeit sämtlicher untersuchter Maßnahmen (Arbeitsstättenschließungen, Quarantäne, social
distancing u.d.) nur geringe oder gar keine Evidenz gebe (Non-pharmaceutical public health measures for mitigating the risk and impact of epidemic and pandemic influenza,
https://www.who.int/influenza/publications/public_health_measures/publication/en/). Ob diese Studie von der Bundesregierung oder der Landesregierung vor der Entscheidung über den Lockdown zur Kenntnis genommen wurde, ist
dem Gericht nicht bekannt, angesichts der Folgenschwere der Entscheidung konnte aber erwartet werden, dass die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Lockdowns bzw. NPIs ausgewertet werden. Inzwischen gibt es mehrere wissenschaftliche Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass die in der Corona-Pandemie in verschiedenen Ländern angeordneten Lockdowns nicht mit einer signifikanten Verringerung von
Erkrankungs- und Todeszahlen verbunden waren. Eine im August in der Fachzeitschrift EClinicalMedicine veröffentlichte Beobachtungsstudie (Chaudhry, A country level analysis measuring the impact of government actions, country
preparedness and socioeconomic factors on COVID-19 mortality and related health outcomes, https://www.thelancet.com/action/showPdf?pii=S2589-5370%2820%2930208-X), in der die 50 Länder mit den meisten registrierten Fällen
von COVID-19 zum Stichtag 01.04.2020 untersucht und Daten aus öffentlich zugänglichen Zahlen für den Zeitraum 01.04. bis 01.05.2020 ausgewertet wurden, kam zu dem Ergebnis, dass die Faktoren, die am stärksten mit der Zahl der
COVID-19-Todesfälle in einem Land korrelieren, die Adipositasrate, das Durchschnittsalter der Bevölkerung und das Ausmaß der Einkommensunterschiede sind. Zwischen der Schwere und Dauer der Lockdowns und der Zahl der
COVID-19-Todesfälle, zwischen Grenzschließungen und COVID-19-Todesfällen und zwischen durchgeführten Massentests und COVID-19-Todesfällen konnte dagegen keine Korrelation festgestellt werden, was für fehlende oder
jedenfalls nur schwache Kausalität spricht. Diese Ergebnisse wurden durch eine im November veröffentlichte Studie (De Larochelambert, Covid-19 Mortality: A Matter of Vulnerability Among Nations Facing Limited Margins of Adaptation,
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpubh.2020.604339/full), in welcher für 160 Länder der Einfluss verschiedenster Faktoren auf die Anzahl der COVID-19-Todesfälle untersucht wurde, und zuletzt durch eine Studie von
Bendavid/Ioannidis bestätigt (Bendavid/Ioannidis, Assessing mandatory stay-at-home and business closure effects on the spread of COVID-19, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/eci.13484; Hinweise auf weitere Studien
bei Kuhbandner, Warum die Wirksamkeit des Lockdowns wissenschaftlich nicht bewiesen ist). Auch der im November zunächst nur für einen Monat ("Wellenbrecherlockdown") angeordnete und
inzwischen zweimal verlängerte Lockdown erbringt offensichtlich noch einmal den Beweis, dass sich mit Lockdowns das Infektionsgeschehen und insbesondere die Zahl der tödlich verlaufenden Fälle nicht signifikant beeinflussen lässt.
Nach dem aktuellen Thesenpapier der Autorengruppe um Schrappe (Thesenpapier 7 vom 10.01.2021, S. 5, 24f, http://www.matthias.schrappe.com/index_htm_files/Thesenpap7_210110_endfass.pdf) ist die Lockdown-Politik gerade
für die vulnerablen Gruppen, für die COVID-19 die größte Gefahr darstellt, wirkungslos. Zu demselben Ergebnis kommt auch der bereits erwähnte CoDAG-Bericht Nr. 4 des Instituts für Statistik der LMU München. c. Hinsichtlich der Kosten des Lockdowns ist zunächst erneut festzuhalten, dass es sich bei den mit dem Lockdown verbundenen Freiheitseinschränkungen um die umfassendsten und weitreichendsten
Grundrechtseinschränkungen in der Geschichte der Bundesrepublik handelte. Schon daraus ergibt sich, dass die Freiheitseinschränkungen ein so großes Gewicht haben, dass sie allenfalls dann gerechtfertigt sein können, wenn die
Gefahr, deren Bekämpfung sie dienten, ganz außergewöhnlich groß war (Murswiek, aaO, S. 33) und durch die Maßnahmen des Lockdowns zugleich ein großer positiver Effekt erwartet werden konnte, was aber nach dem Gesagten
nicht der Fall war. Zu der unmittelbaren Wirkung der Freiheitseinschränkungen kommen die Kollateralschäden und Folgeschäden hinzu. Diese lassen sich (vgl. Murswiek, aaO, S. 33-38) wie folgt
differenzieren: aa) Ökonomisch bewertbare Schäden (1) Gewinneinbußen/Verluste von Unternehmen/Handwerkern/Freiberuflern, die unmittelbare Folgen der an
sie adressierten Freiheitseinschränkungen sind (2) Gewinneinbußen/Verluste von Unternehmen/Handwerkern/Freiberuflern, die mittelbare Folgen der Lockdown-Maßnahmen sind (z.B.
Gewinneinbußen von Zulieferern von unmittelbar betroffenen Unternehmen; Gewinneinbußen, die aus der Unterbrechung von Lieferketten resultieren und z.B. zu Produktionsausfällen führten; Gewinneinbußen, die aus
Reisebeschränkungen resultierten) (3) Lohn- und Gehaltseinbußen durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit (4) Konkurse/Existenzvernichtungen (5) Folgekosten von Konkursen/Existenzvernichtungen Dazu mit Murswiek (aaO, S. 33f): "Die meisten dieser Schäden werden sich ziemlich genau ermitteln lassen. Sie sind
insgesamt mit Sicherheit gigantisch. Eine Vorstellung von ihrer Größenordnung erhält man, wenn man sich vor Augen hält, welche Summen der Staat als Corona-Hilfen in den Wirtschaftskreislauf einspeist. So umfasst der von der
Bundesregierung beschlossene "Corona-Schutzschild" 353,3 Mrd. Euro Zuschüsse und zusätzlich 819,7 Mrd. Euro Garantien, also insgesamt über 1 Billion Euro. Es handelt sich, wie die Bundesregierung sagt, um das größte Hilfspaket in
der Geschichte Deutschlands. Hinzu kommen Hilfen der Länder. Da die staatlichen Hilfen großenteils Kredite beziehungsweise Kreditgarantien umfassen, stehen ihnen nicht notwendigerweise entsprechend hohe Verluste der privaten
Wirtschaft gegenüber. Andererseits werden die privaten Verluste jedenfalls wesentlich größer sein als die staatlichen Entschädigungen oder als verlorene Zuschüsse gezahlten Hilfsgelder. Noch nie zuvor in der Geschichte der
Bundesrepublik Deutschlands sind wirtschaftliche Schäden in dieser Größenordnung durch eine staatliche Entscheidung verursacht worden. Was die Bewertung der Schäden der Privatwirtschaft und der privaten Haushalte angeht, so
muss berücksichtigt werden, dass die Einbußen zum Teil durch staatliche Leistungen kompensiert worden sind oder noch kompensiert werden. Die staatlichen Leistungen vermindern also den ökonomischen Schaden der privaten
Wirtschaftssubjekte. Sie vermindern aber nicht den volkswirtschaftlichen Gesamtschaden, denn sie belasten ja die öffentlichen Haushalte und somit letztlich die Steuerzahler. Diese Kosten dürfen bei der Berechnung der Nachteile des
Lockdown nicht unter den Tisch fallen." bb) Leben und Gesundheit der Menschen in Deutschland (1) die Zunahme häuslicher Gewalt gegen Kinder und
Frauen (2) Zunahme von Depressionen infolge sozialer Isolation (3) Angst-Psychosen/Angst-Störungen infolge Corona-Angst (4) andere psychische Störungen/nervliche Überlastung wegen familiärer/persönlicher/beruflicher Probleme infolge des Lockdown (5) Zunahme von Suiziden, beispielsweise infolge von
Arbeitslosigkeit oder Insolvenz(6) gesundheitliche Beeinträchtigungen infolge von Bewegungsmangel (7) Unterlassung von Operationen und stationären Behandlungen, weil Krankenhausbetten für
Coronapatienten reserviert wurden (8) Unterlassung von Operationen, stationären Behandlungen, Arztbesuchen, weil Patienten Infizierung mit Covid-19 befürchten Diese Folgen hätten vor der Entscheidung über den Lockdown jedenfalls grob abgeschätzt werden müssen. Für die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist es vorliegend ausreichend, wenn zur Erläuterung einzelne Schlaglichter
geworfen werden: Zu (1): Für Berlin wurde durch die Senatsverwaltung für das erste Halbjahr 2020 ein Anstieg der Kindesmisshandlungen um 23% berichtet (Gewalt eskaliert in Berlin immer häufiger.
Der Tagesspiegel vom 02.07.2020, https://www.tagesspiegel.de/berlin/corona-krise-trifft-frauen-und-kinder-besonders-gewalt-eskaliert-in-berlin-immer-haeufiger/25970410.html). Laut einer repräsentativen Befragungstudie
(Steinert/Ebert, Gewalt an Frauen und Kindern in Deutschland während COVID-19-bedingten Ausgangsbeschränkungen, https://drive.google.com/file/d/19Wqpby9nwMNjdgO4_FCqqlfYyLJmBn7y/view) wurden in der Zeit des Lockdowns im Frühjahr rund 3 Prozent der Frauen in Deutschland zu Hause Opfer körperlicher Gewalt, 3,6 Prozent
wurden von ihrem Partner vergewaltigt, in 6,5 Prozent aller Haushalte wurden Kinder gewalttätig bestraft. Zu (5): Die Zahl der Suizide, die in Deutschland statistisch erfasst wird, liegt für das Jahr 2020
zwar noch nicht vor, einen Hinweis auf einen möglicherweise erheblichen Anstieg der Suizide gibt aber folgende Mitteilung der Senatsinnenverwaltung Berlin: Bis Oktober gab es bei der Berliner Feuerwehr unter dem Stichwort "Beinahe
Strangulierung/ Erhängen, jetzt wach mit Atembeschwerden" (Einsatzcode 25D03) 294 Einsätze, im Jahr 2018 gab es dagegen nur sieben und im Jahr 2019 nur drei solcher Einsätze (Möglicher Suizid: Zahl der Rettungseinsätze steigt
massiv an. Berliner Zeitung vom 10.11.2020, htttps://www.berliner-zeitung.de/news/berliner-feuerwehr-zahl-der-einsaetze-wegen-moeglichem-suiziden-steigt-massiv-an-li.117723) Zu (7): Während des
Lockdowns im Frühjahr wurden in Deutschland mehr als 908.000 Operationen abgesagt, und zwar nicht nur sog. elektive Operationen wie die Implantation von Kniegelenks- und Hüftgelenksendoprothesen, Kniegelenksarthroskopien,
Katarakt-Operationen u.ä., sondern auch 52.000 Krebs-Operationen (In Deutschland wurden fast eine Million Operationen abgesagt. WELT v. 29.05.2020, https://www.welt.de/wirtschaft/article208557665/Wegen-Corona-In-
Deutschland-wurden-908-000-OPs-aufgeschoben.html). Laut einer im British Medical Journal im November veröffentlichten Meta-Analyse (Hanna, Mortality due to cancer treatment delay: systematic review and meta-analysis, BMJ 2020,
371, https://www.bmj.com/content/371/bmj.m4087) erhöht bereits eine vierwöchige Verschiebung einer Krebstherapie das Sterberisiko je nach Krebsart um sechs bis 13 Prozent, ein Aufschub von acht Wochen bei Brustkrebs das
Sterberisiko um 13 Prozent, ein Aufschub um zwölf Wochen um 26 Prozent. Ohne dies hier näher beziffern zu können, kann danach kein Zweifel daran bestehen, dass die Absage von Operationen auch in Deutschland zu Todesfällen
geführt hat. Zu (8): In einer Studie des Klinikums Hochrhein Waldshut-Tiengen (Kortüm, Corona-Independent Excess Mortality Due to Reduced Use of Emergency Medical Care in the Corona
Pandemic: A Population-Based Observational Study, https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.10.27.20220558v1) wurde die Übersterblichkeit im Landkreis Waldshut (170.000 Einwohner) im April 2020 untersucht. Dort starben
im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 im April 165 Menschen, 2020 waren es 227, was einer Übersterblichkeit von 37 Prozent entspricht. Von den 62 zusätzlichen Todesfällen ließen sich aber nur 34 mit Corona in Verbindung bringen,
28 und damit 45% der Übersterblichkeit gingen auf andere Todesursachen zurück. Die Studienautoren führen diese Fälle auf die reduzierte Nutzung medizinischer Notfallstrukturen zurück, wofür auch spricht, dass mehr als doppelt so
viele Menschen als im Vergleichsdurchschnitt tot alleine zu Hause aufgefunden wurden. Ähnliche Untersuchungen für andere Regionen Deutschlands fehlen. Kuhbandner hat aber mit einer Gegenüberstellung der Anzahl der Todesfälle
in Deutschland im Zeitraum 1.-47. Kalenderwoche mit dem Durchschnitt der Jahre 2016-2019 und der Anzahl der mit oder am SARS-CoV-2-Virus verstorbenen Personen gezeigt, dass nur 51,1 % der Übersterblichkeit auf mit oder am
SARS-CoV-2-Virus verstorbene Personen zurückgeht (Kuhbandner, Über die ignorierten Kollateralschäden von Lockdowns, https://www.heise.de/tp/features/Ueber-die-ignorierten-Kollateralschaeden-von-Lockdowns-4993947.html?
seite=all). Dies bedeutet zwar nicht, dass sämtliche anderen Übersterblichkeitstodesfälle als Kollateralschäden des Lockdowns gewertet werden könnten, insbesondere die starke Übersterblichkeit in der 33. Kalenderwoche ist vermutlich
auf eine Hitzewelle zurückzuführen. Dennoch geben diese Zahlen einen deutlichen Hinweis auf Todesfälle, die auf unterbliebene oder verspätete Inanspruchnahme medizinischer Versorgung aus Angst vor Corona-Infektionen
zurückzuführen sind. cc) Ideelle Schäden (1) Bildungseinbußen und Beeinträchtigung der psychosozialen Entwicklung von Kindern durch Ausfall oder
Einschränkungen des Schulunterrichts bzw. der Schließung anderer Bildungseinrichtungen (2) Verlust an kulturellen Anregungen/Erlebnissen durch Schließung von Theatern, Konzert- oder
Opernhäusern und vielen anderen kulturellen Einrichtungen (3) Verlust musischer Entfaltungsmöglichkeiten durch Verbote, die gemeinsames Musizieren in Orchestern oder Chören unterbinden (4) Verlust von Gemeinschaftserlebnissen/persönlichem sozialem Miteinander durch Verbot von Zusammenkünften in Vereinen, Verbot von Veranstaltungen, Verbot von Ansammlungen, Schließung von
Kneipen usw. (5) Einschränkung sozialer Entwicklungsmöglichkeiten für Kinder durch Schließung von Kindergärten (6) Isolierung von Kindern in Wohnungen
ohne Kontakte zu anderen Kindern durch Schließung von Schulen, Kindergärten und Spielplätzen Zu (1) Die Schule ist nicht nur ein Ort der Wissensvermittlung, sondern ein Ort sozialen Lernens.
Durch die Schulschließungen entfällt das soziale Lernen praktisch vollständig, die Vereinzelung der Kinder und Jugendlichen wird gefördert. Homeschooling kann gerade von Eltern in migrantischen oder bildungsfernerem Milieu nicht
geleistet werden. Die soziale Spaltung der Gesellschaft wird daher verstärkt. Auch das Erlernen der deutschen Sprache bei Kindern aus migrantischen Familien wird massiv gestört. Zu diesen Problemen gibt es inzwischen eine Vielzahl
von Berichten aus der Praxis (exemplarisch: "Der Stand in Deutsch? Der ist bei einem Drittel der Schüler katastrophal". WELT vom 11.01.2021, https://www.welt.de/politik/deutschland/plus224000152/Geschlossene-Schulen-Was-
das-fuer-Kinder-in-sozialen-Brennpunkten-bedeutet.html), wissenschaftliche Studien stehen – soweit ersichtlich – noch aus. dd) Folgekosten (1) von Bund und
Ländern an die Wirtschaftssubjekte geleistete Corona-Hilfen (2) Steuerausfälle infolge der Einschränkung der Wirtschaftstätigkeit durch den Lockdown (3)
Kurzarbeitergeld und Arbeitslosenhilfe, die infolge des Lockdown gezahlt werden mussten (4) Sozialhilfe für infolge des Lockdown auf Sozialhilfe angewiesene Menschen Allein der "Corona-Schutzschild", ein am 27.03.2020 beschlossenes Gesetzespaket, hatte ein Volumen von 1,173 Billionen Euro (353,3 Mrd. Euro Hilfsleistungen, 819,7 Mrd. Euro Garantien. Die letzten Bundeshaushalte
hatten ein Volumen von 356,4 Mrd. Euro (2019) und 346,6 Mrd. Euro (2018). Auch wenn die gegebenen Garantien nicht per se "verloren" sind, dürften die Belastungen insgesamt die Höhe von mehreren Bundeshaushalten erreichen
(Murswiek, aaO, S. 38). ee) gesundheitliche und ökonomische Schäden in Ländern des Globalen Südens Der Lockdown im Frühjahr in Thüringen war Teil
eines aus 16 Lockdowns der Bundesländer zusammengesetzten, ganz Deutschland umfassenden Lockdowns, der wiederum im Zusammenhang mit der Lockdown-Politik in nahezu allen Ländern der westlichen Welt gesehen werden
muss. Daher ist es berechtigt und notwendig, auch nach den Auswirkungen dieser Politik auf die Länder des Globalen Südens zu fragen. Die hier bereits eingetretenen bzw. noch zu erwartenden Kollateralschäden sind enorm. Gründe
sind die Unterbrechung von Anti-Tuberkulose-Programmen, die Unterbrechung von Impfprogrammen gegen Kinderkrankheiten, Unterbrechungen in der Nahrungsmittelversorgung durch den Zusammenbruch von Lieferketten u.a.m. Die
UN rechnet mit dem Hungertod von mehr als 10.000 Kindern pro Monat im ersten Pandemiejahr (Mehr als 10.000 Kinder verhungern wegen Corona jeden Monat, RP Online vom 28.07.2020, https://rp-
online.de/panorama/coronavirus/mehr-als-10000-kinder-verhungern-jeden-monat-krise-durch-corona-verschaerft_aid-52446949). Allein in Afrika werden laut Bundesentwicklungsminister Müller zusätzlich 400.000 Opfer durch Malaria und
HIV und eine halbe Million Tuberkulose-Tote als Folge des Lockdowns erwartet (Mehr Corona-Opfer durch Lockdown als durch das Virus: In Afrika wurden die Krisen massiv verschärft, Berliner Zeitung vom 01.10.2020,
https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/mehr-tote-durch-lockdown-als-durch-corona-in-afrika-hat-die-pandemie-die-krisen-massiv-verschaerft-li.108228). Laut einem Artikel von John Ioannidis (Global perspective of COVID-
19 epidemiology for a full-cycle pandemic, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/eci.13423) sollen in den nächsten 5 Jahren sogar 1,4 Millionen zusätzliche Tuberkulose-Tote zu befürchten sein. Langfristig werde die
Übersterblichkeit durch die Maßnahmen wahrscheinlich deutlich größer als die Zahl der COVID-19-Toten sein. Da die Lockdown-Politik in Thüringen ein – wenn auch natürlich sehr kleiner – Teil einer
nahezu alle westlichen Industrieländer betreffenden Lockdown-Politik ist, sind diese Schäden, soweit sie nicht aus von den betroffenen Staaten selbst zu verantwortenden politischen Entscheidungen resultieren, sondern indirekte Folge
der Lockdowns in den Industrieländern sind, auch anteilig ihr zuzurechnen und deshalb grundsätzlich in die Verhältnismäßigkeitsprüfung mit einzustellen. d. Nach dem Gesagten kann kein Zweifel
daran bestehen, dass allein die Zahl der Todesfälle, die auf die Maßnahmen der Lockdown-Politik zurückzuführen sind, die Zahl der durch den Lockdown verhinderten Todesfälle um ein Vielfaches übersteigt. Schon aus diesem Grund
genügen die hier zu beurteilenden Normen nicht dem Verhältnismäßigkeitsgebot. Hinzu kommen die unmittelbaren und mittelbaren Freiheitseinschränkungen, die gigantischen finanziellen Schäden, die immensen gesundheitlichen und die
ideellen Schäden. Das Wort "unverhältnismäßig" ist dabei zu farblos, um die Dimensionen des Geschehens auch nur anzudeuten. Bei der von der Landesregierung im Frühjahr (und jetzt erneut) verfolgten Politik des Lockdowns, deren
wesentlicher Bestandteil das allgemeine Kontaktverbot war (und ist), handelt es sich um eine katastrophale politische Fehlentscheidung mit dramatischen Konsequenzen für nahezu alle Lebensbereiche der Menschen, für die
Gesellschaft, für den Staat und für die Länder des Globalen Südens.
Tableau de traduction
Fundstelle |
Référence |
openJur 2021, 3576 |
openJur 2021, 3576 |
Rkr: AmtlSlg: PM: |
Rkr: AmtlSlg: PM: |
Tenor |
ténor |
Der Betroffene wird freigesprochen. |
La victime est acquittée. |
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen hat die Staatskasse zu tragen. |
Le Trésor public doit supporter les frais de procédure et les dépenses nécessaires de l'intéressé. |
Gründe |
les raisons |
I. |
I. |
Am 24.04.2020 hielt sich der Betroffene in den Abendstunden zusammen mit mindestens sieben weiteren Personen im Hinterhof des Hauses X-Straße 1 in W. auf, um den Geburtstag eines der Beteiligten zu feiern. Die insgesamt acht Beteiligten verteilten sich auf sieben verschiedene Haushalte. |
Le 24 avril 2020, l'intéressé est resté le soir avec au moins sept autres personnes dans l'arrière-cour de la maison de X-Straße 1 à W.pour fêter l'anniversaire de l'un des participants. Les huit personnes impliquées étaient réparties dans sept ménages différents. |
Diese Feststellungen beruhen auf den glaubhaften Angaben des Betroffenen in der Hauptverhandlung und dem verlesenen Einsatzbericht der Polizei. |
Ces constatations sont fondées sur les informations crédibles fournies par la personne concernée lors de l'audience principale et sur le rapport de police lu. |
II. |
II. |
Dieses Verhalten des Betroffenen verstieß gegen § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 der Dritten Thüringer Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO) vom 18.04.2020 in der Fassung vom 23.04.2020. |
Ce comportement de la part de la personne concernée a enfreint la section 2, paragraphe 1 et la section 3, paragraphe 1 de la troisième ordonnance de Thuringe sur les mesures nécessaires pour contenir la propagation du coronavirus SARS-CoV-2 (3e règlement de mesure ThürSARS-CoV-2) du 18 avril 2020 dans la version du 23 avril 2020. |
Diese Normen lauteten wie folgt. |
Ces normes étaient les suivantes. |
§ 2 Abs. 1: Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur allein, im Kreise der Angehörigen des eigenen Haushalts und zusätzlich höchstens mit einer weiteren haushaltsfremden Person gestattet. |
Section 2, paragraphe 1: Rester dans l'espace public n'est autorisé que seul, avec des membres de votre propre ménage et, en plus, au plus avec une autre personne en dehors du ménage. |
§ 3 Abs. 1: Veranstaltungen, Versammlungen im Sinne des § 1 des Versammlungsgesetzes in der Fassung vom 15. November 1978 (BGBl. I S. 1789) in der jeweils geltenden Fassung, Demonstrationen, Ansammlungen und sonstige Zusammenkünfte mit mehr als zwei Personen sind verboten mit der Ausnahme, dass es sich um Angehörige des eigenen Haushalts handelt und zusätzlich höchstens eine haushaltsfremde Person hinzukommt. Dies gilt auch für Zusammenkünfte in Kirchengebäuden, Moscheen und Synagogen sowie in Kulträumen anderer Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften. |
Article 3 (1): Manifestations, assemblées au sens de l'article 1 de la loi sur les assemblées dans la version du 15 novembre 1978 (Journal officiel fédéral I p. 1789) dans la version actuellement en vigueur, manifestations, rassemblements et autres rassemblements avec plus de deux personnes interdits à l'exception du fait qu'ils sont membres de votre propre ménage et qu'au plus une personne extérieure au ménage est ajoutée. Cela vaut également pour les rassemblements dans les églises, les mosquées et les synagogues ainsi que dans les salles de culte d'autres sociétés religieuses et communautés idéologiques. |
§ 2 Abs. 2 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO regelte Ausnahmen vom Verbot nach § 2 Abs. 1 für die Berichterstattung durch Medienvertreter, die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten im Freien und die Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs und von Kraftfahrzeugen, § 3 Abs. 2-4 regelten Ausnahmen vom Verbot nach § 3 Abs. 1 für bestimmte Arten von Veranstaltungen, (öffentliche) Versammlungen in geschlossenen Räumen und unter freiem Himmel, Gottesdienste und sonstige religiöse Zusammenkünfte, Trauerfeiern und Eheschließungen. Keine dieser Ausnahmen ist vorliegend einschlägig. |
L'article 2 (2) 3e ThürSARS-CoV-2-Eind MaßnVO réglemente les exceptions à l'interdiction selon l'article 2 (1) pour les reportages par les représentants des médias, l'exercice de certaines activités professionnelles en plein air et l'utilisation des transports publics locaux et des véhicules à moteur, article 3 (1) 2-4 réglementaient les exceptions à l'interdiction selon le § 3 alinéa 1 pour certains types d'événements, les réunions (publiques) dans des salles fermées et en plein air, les offices religieux et autres rassemblements religieux, les funérailles et les mariages. Aucune de ces exceptions n'est pertinente ici. |
Dieser Verstoß stellt eine Ordnungswidrigkeit gem. § 14 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO i. V. m. § 73 Abs. 1a Nr. 24 i. V. m. § 32 Satz 1 IfSG dar. |
Cette violation constitue une infraction administrative conformément à l'article 14, paragraphe 3, n ° 2 et n ° 3 du 3e ThürSARS-CoV-2-MaßnVO i. V. m. § 73 Paragraphe 1a n ° 24 en liaison avec V. m. § 32 phrase 1 IfSG. |
Der Betroffene war dennoch aus rechtlichen Gründen freizusprechen, weil § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO verfassungswidrig und damit nichtig sind. |
L'intéressé a néanmoins été acquitté pour des raisons juridiques, car les articles 2 (1) et 3 (1) du 3e règlement ThürSARS-CoV-2-In-Measure sont inconstitutionnels et donc nuls. |
Das Gericht hatte selbst über die Verfassungsmäßigkeit der Normen zu entscheiden, weil die Vorlagepflicht gem. Art. 100 Abs. 1 GG nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend BVerfGE 1, 184 (195ff)) nur für förmliche Gesetze des Bundes und der Länder, nicht aber für nur materielle Gesetze wie Rechtsverordnungen gilt. Über deren Vereinbarkeit mit der Verfassung hat jedes Gericht selbst zu entscheiden. |
Le tribunal lui-même a dû se prononcer sur la constitutionnalité des normes, car selon la jurisprudence établie de la Cour constitutionnelle fédérale (fondamentalement BVerfGE 1, 184 (195ff)), l'obligation de soumission selon l'article 100 Abs.1 GG ne s'applique qu'aux lois formelles des gouvernements fédéral et des États, mais ne s'applique pas aux lois matérielles telles que les ordonnances. Chaque tribunal doit décider lui-même s'il est compatible avec la constitution. |
III. |
III. |
§ 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO sind aus formellen Gründen verfassungswidrig, da die tief in die Grundrechte eingreifenden Regelungen von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Infektionsschutzgesetz nicht gedeckt sind. |
La section 2, paragraphe 1 et la section 3, paragraphe 1 de la 3e ordonnance ThürSARS-CoV-2-Measurement sont inconstitutionnelles pour des raisons formelles, car les réglementations qui affectent profondément les droits fondamentaux ne sont pas couvertes par le fondement légal de l'autorisation dans la loi sur la protection contre les infections. |
1. Gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG kann die Exekutive durch ein Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat die sich daraus ergebenden Anforderungen an ein ermächtigendes Gesetz in ständiger Rechtsprechung mit drei sich gegenseitig ergänzenden Konkretisierungsformeln, der sog. Selbstentscheidungsformel (der Gesetzgeber hat selbst die Entscheidung darüber zu treffen, welche Fragen durch die Rechtsverordnung geregelt werden sollen, welche Grenzen der Normierung gesetzt sind und welchem Ziel sie dienen soll; BVerfGE 2, 307 (334)), der Programmformel (anhand des Gesetzes muss sich bestimmen lassen, welches gesetzgeberische Programm verordnungsrechtlich umgesetzt werden soll; BVerfGE 5, 71 (77)) und der Vorhersehbarkeitsformel (der Bürger muss dem ermächtigenden Gesetz entnehmen können, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Ermächtigung Gebrach gemacht wird und welchen Inhalt die Rechtsverordnung haben wird; BVerfGE 56, 1 (12)) näher expliziert. Darüber hinaus hat es zur Frage des Grades der Bestimmtheit der Ermächtigung die sog. Wesentlichkeitslehre entwickelt. Nach der Wesentlichkeitslehre muss der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung – soweit diese staatlicher Regelung überhaupt zugänglich ist – alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen und darf diese nicht an die Exekutive delegieren (BVerfGE 142, 1 (109); BVerfGE 98, 218 (251); BVerfGE 116, 24 (58)). Je wesentlicher Rechtsverordnungen oder andere |
1. Conformément à l'article 80, paragraphe 1, phrase 1 de la Loi fondamentale, l'exécutif peut être habilité par la loi à édicter des ordonnances statutaires. Selon l'article 80, paragraphe 1, phrase 2 de la Loi fondamentale, le contenu, le but et l'étendue de l'autorisation accordée doivent être déterminés par la loi. La Cour constitutionnelle fédérale a les exigences qui en résultent pour une loi habilitante dans la jurisprudence permanente avec trois formules de concrétisation mutuellement complémentaires, la formule dite d'autodécision (le législateur lui-même doit décider quelles questions doivent être réglées par l'ordonnance statutaire, quelles limites de la normalisation sont fixés et à quel objectif ils doivent servir; BVerfGE 2, 307 (334)), la formule du programme (la loi doit être en mesure de déterminer quel programme législatif doit être mis en œuvre en vertu de la loi d'ordonnance; BVerfGE 5, 71 (77)) et la formule de prévisibilité (la Les citoyens doivent pouvoir déduire de la loi d'autorisation dans quels cas et avec quelle tendance l'autorisation est utilisée et quel contenu l'ordonnance aura; BVerfGE 56, 1 (12)) explique plus en détail. En outre, elle a développé la soi-disant doctrine de l'importance relative sur la question du degré de certitude de l'autorisation. Selon la doctrine de la matérialité, le législateur doit prendre toutes les décisions essentielles dans les domaines normatifs fondamentaux, en particulier dans le domaine de l'exercice des droits fondamentaux - dans la mesure où cette réglementation étatique est accessible du tout - et ne peut pas les déléguer à l'exécutif (BVerfGE 142, 1 (109); BVerfGE 98, 218 (251); BVerfGE 116, 24 (58)). Les ordonnances juridiques les plus essentielles ou autres |
Rechtsakte der Exekutive in Grundrechte eingreifen, umso genauer und intensiver müssen die Regelungen des ermächtigenden Gesetzes sein. Das Bundesverfassungsgericht sieht dabei die Anforderungen von Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG und der Wesentlichkeitslehre als deckungsgleich an (BVerfGE 150, 1 (100)). Ist im Hinblick auf bestimmte Normen einer Rechtsverordnung den Anforderungen der Wesentlichkeitslehre durch das ermächtigende Gesetz nicht Genüge getan, führt dies zur Verfassungswidrigkeit der Normen der Verordnung (BVerfGE 150, 1 (209) BVerfGE 136, 69 (92)). |
Les actes juridiques de l'exécutif interviennent dans les droits fondamentaux, plus les dispositions de la loi d'habilitation doivent être précises et intensives. La Cour constitutionnelle fédérale considère les exigences de l'article 80, paragraphe 1, phrase 2 de la Loi fondamentale et la doctrine de la matérialité comme congruentes (BVerfGE 150, 1 (100)). Si les exigences de la doctrine de la matérialité ne sont pas satisfaites par la loi d'ordonnance à l'égard de certaines normes d'une ordonnance, cela conduit à l'inconstitutionnalité des normes de l'ordonnance (BVerfGE 150, 1 (209) BVerfGE 136, 69 (92)). |
Rechtsgrundlage für das hier zur Rede stehende sog. allgemeine Kontaktverbot ist § 32 IfSG i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG in der Fassung vom 27.03.2020. Auf die Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG muss insoweit nicht zurückgegriffen werden (vgl. Kießling/Kießling IfSG, § 28 Rn. 35, 44). |
La base juridique de la soi-disant interdiction générale de contact en question est le § 32 IfSG i. V. m. § 28 al.1 phrase 2 IfSG dans la version du 27 mars 2020. La clause générale de l'article 28, paragraphe 1, phrase 1 IfSG ne doit pas être utilisée à cet égard (cf. Kießling / Kießling IfSG, section 28 numéros marginaux 35, 44). |
§ 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG in der Fassung vom 27.03.2020 lauten: |
Section 28 (1) phrases 1 et 2 IfSG dans la version datée du 27 mars 2020: |
(Satz 1) Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. (Satz 2) Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen." |
(Phrase 1) Si des personnes malades, suspectes de maladie, suspectes de contagion ou qui ont été éliminées, ou s'il apparaît qu'une personne décédée était malade, soupçonnée d'être malade ou qui avait éliminé la maladie, l'autorité compétente prendra les mesures de protection nécessaires, en particulier celles mentionnées aux articles 29 à 31, dans la mesure où et pour aussi longtemps il est nécessaire de prévenir la propagation des maladies transmissibles; En particulier, il peut obliger les personnes à ne pas quitter le lieu où elles se trouvent ou seulement sous certaines conditions ou à ne pas pénétrer dans les lieux ou lieux publics spécifiés par elle ou seulement sous certaines conditions. (Clause 2) Dans les conditions de l'Article 1, l'autorité compétente peut restreindre ou interdire les événements ou autres rassemblements de personnes et fermer les établissements balnéaires ou les installations communautaires mentionnés à l'article 33 ou des parties de ceux-ci. " |
Da unter "Ansammlungen von Menschen" Personenmehrheiten von mindestens drei Personen mit einem inneren Bezug oder einer äußeren Verklammerung zu verstehen sind (Kießling, aaO, Rn. 38f), lassen sich § 2 Abs. 1 und das Ansammlungsverbot des § 3 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO zwar unter den Wortlaut von § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG subsumieren, für eine eingriffsintensive Maßnahme wie ein allgemeines Kontaktverbot ist § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG aber keine den Anforderungen der Wesentlichkeitslehre genügende Ermächtigungsgrundlage. Ein allgemeines Kontaktverbot stellt zumindest – die Frage der Betroffenheit der Menschenwürdegarantie muss an dieser Stelle zurückgestellt werden und wird unter IV. erörtert – einen schweren Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG, darüber hinaus aber auch in die Versammlungs-, Vereinigungs-, Religions-, Berufs- und Kunstfreiheit dar, nicht nur, weil es alle Bürger adressiert und zwar unabhängig von der Frage, ob sie Krankheits- oder Ansteckungsverdächtige i. S. v. § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG sind oder nicht. Indem allen Bürgern untersagt wird, mit mehr als einer haushaltsfremden Person zusammenzukommen, wobei dies vorliegend nicht nur für den öffentlichen Raum (§ 2 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO), sondern gem. § 3 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO auch für den privaten Raum galt, sind die Freiheitsrechte im Kern betroffen. Das allgemeine Kontaktverbot zieht dabei zwangsläufig weitere Grundrechtseinschränkungen nach sich. So ist es nur logisch folgerichtig, dass unter der Geltung eines allgemeinen Kontaktverbotes Einrichtungen aller Art (§ 5 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO), Einzelhandelsgeschäfte, Beherbergungsbetriebe (§ 6 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO) und Gastronomiebetriebe (§ 7 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO) ebenfalls geschlossen oder jedenfalls beschränkt werden. |
Étant donné que les «rassemblements de personnes» doivent s'entendre comme une majorité d'au moins trois personnes avec une connexion interne ou une parenthèse externe (Kießling, loc. Cit., Marginal n ° 38f), § 2 Paragraphe 1 et l'interdiction de rassemblement au § 3 Paragraphe 1 3 . ThürSARS-CoV-2 -Ein MaßnVO subsume sous le libellé du § 28 Paragraphe 1 Phrase 2 IfSG, mais pour une mesure d'empiétement telle qu'une interdiction générale de contact, § 28 Paragraphe 1 Phrase 2 IfSG n'est pas une base d'autorisation qui répond aux exigences de la théorie de la matérialité . Une interdiction générale des contacts pose au moins - la question de savoir si la garantie de la dignité humaine est affectée doit être reportée à ce stade et est discutée sous IV. - une ingérence grave dans la liberté générale d'action selon l'article 2, paragraphe 1 de la loi fondamentale, mais aussi dans l'assemblée , Liberté d'association, de religion, d'occupation et de l'art, non seulement parce qu'elle s'adresse à tous les citoyens, qu'ils soient soupçonnés d'être malades ou contagieux i. S. c. § 28 Abs.1 S. 1 IfSG sont ou non. En interdisant à tous les citoyens de se réunir avec plus d'une personne en dehors du ménage, bien que ce ne soit pas seulement pour l'espace public (§ 2 alinéa 1 3e règlement ThürSARS-CoV-2-mesure), mais conformément au § 3 alinéa 1 3. ThürSARS-CoV-2-MaßnVO s'applique également à l'espace privé, les droits à la liberté sont essentiellement affectés. L'interdiction générale des contacts entraîne inévitablement de nouvelles restrictions des droits fondamentaux. Il est donc logique que sous l'application d'une interdiction générale de contact, les établissements de toute nature (§ 5 3rd ThürSARS-CoV-2-MaßnVO), les commerces de détail, les établissements d'hébergement (§ 6 3rd ThürSARS-CoV-2-MaßnVO) et les restaurants ( § 7 3rd ThürSARS-CoV-2-MaßnVO) peut également être fermé ou au moins limité. |
Der Gesetzgeber hatte als Eingriffsvoraussetzung für ein allgemeines Kontaktverbot vor der Schaffung von § 28a IfSG mit Gesetz vom 18.11.2020 lediglich in § 28 Abs. 1 IfSG bestimmt, dass Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige etc. einer übertragbaren Krankheit festgestellt wurden und dass die Maßnahme nur "soweit und solange es zur Verhinderung der Krankheitsverbreitung erforderlich ist", getroffen werden darf, wobei letzteres nicht mehr als ein expliziter Verweis auf das ohnehin geltende Verhältnismäßigkeitsprinzip ist. Damit sind nur absolute Minimalvoraussetzungen geregelt. Das Gesetz kann in dieser Form nur Einzelmaßnahmen wie z.B. die in § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG genannte Schließung von (einzelnen) Badeanstalten tragen, nicht aber ein allgemeines Kontaktverbot. Soweit ein allgemeines Kontaktverbot überhaupt verfassungskonform sein kann (dazu näher unter IV. und V.), wäre dafür zumindest eine präzise Regelung der Anordnungsvoraussetzungen im Sinne einer genauen Konkretisierung der erforderlichen Gefahrenlage zu fordern, aber auch auf der Rechtsfolgenseite wären konkretisierende Regelungen notwendig (vgl. Kießling, aaO Rn. 63; Papier, Freiheitsrechte in Zeiten der Pandemie, DRiZ, 2020, 180; Bäcker, Corona in Karlsruhe, VerfBlog v. 25.03.2020, https://verfassungsblog.de/corona-in-karlsruhe-ii/; Möllers, Parlamentarische Selbstentmächtigung im Zeichen des Virus, VerfBlog v. 26.03.2020, https://verfassungsblog.de/parlamentarischeselbstentmaechtigung-im-zeichen-des-virus/). |
Préalable à une interdiction générale des contacts avant la création de l'article 28a IfSG avec la loi du 18 novembre 2020, le législateur a seulement stipulé à l'article 28 (1) IfSG que les personnes malades, suspects, contagions etc. d'une maladie transmissible ont été identifiés et que la mesure uniquement «dans la mesure et aussi longtemps qu'il est nécessaire de prévenir la propagation de la maladie» peut être faite, cette dernière n'étant rien de plus qu'une référence explicite au principe de proportionnalité, déjà en vigueur. Cela ne règle que les exigences minimales absolues. Sous cette forme, la loi ne peut prévoir que des mesures individuelles telles que la fermeture d'établissements balnéaires (individuels) mentionnés à l'article 28 (1) phrase 2 IfSG, mais pas une interdiction générale de contact. Dans la mesure où une interdiction générale de contact peut être du tout constitutionnelle (pour plus d'informations à ce sujet sous IV. Kießling, op. Cit. Marginal 63; papier, les droits à la liberté en temps de pandémie, DRiZ, 2020, 180; boulanger, Corona à Karlsruhe, VerfBlog du 25 mars 2020, https://verfassungsblog.de/corona-in-karlsruhe-ii; Möllers, L'autonomisation parlementaire sous le signe du virus, VerfBlog c. 26 mars 2020, https://verfassungsblog.de/parlamentarischeselbstentmaechtigung-im-zeichen-des-virus/)./td>
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2. Dass § 28 IfSG hinsichtlich der tiefgreifenden Grundrechtseingriffe einschließlich eines Kontaktverbots durch die verschiedenen Corona-Verordnungen der Länder jedenfalls im Grundsatz nicht den Anforderungen der Wesentlichkeitsdoktrin genügt, ist in Rechtsprechung und Literatur inzwischen weitgehend Konsens. Der Gesetzgeber hat darauf zwischenzeitlich auch mit der Einfügung von § 28a IfSG zu reagieren versucht. Die Rechtsprechung hat aber, um einer sonst unvermeidlichen Verwerfung der Verordnungen zu entgehen, vielfach darauf verwiesen, dass anerkannt sei, dass es im Rahmen unvorhergesehener Entwicklungen aus übergeordneten Gründen des Gemeinwohls geboten sein könne, nicht hinnehmbare gravierende Regelungslücken für einen Übergangszeitraum auf der Grundlage von Generalklauseln zu schließen und auf diese Weise selbst sehr eingriffsintensive Maßnahmen, die an sich einer besonderen Regelung bedürften, vorübergehend zu ermöglichen (exemplarisch: OVG NRW, Beschluss vom 06.04.2020 - 13 B 398/20.NE -, juris, Rn. 59 unter Berufung auf OVG NRW, Urteil vom 5. Juli 2013 - 5 A 607/11 juris, Rn. 97 ff.; Saarl. OVG, Urteil vom 6. September 2013 - 3 A 13/13 -, juris, Rn. 77 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22. Juli 2004 - 1 S 2801/03 juris, Rn. 30; BVerfG, Beschluss vom 8. November 2012 - 1 BvR 22/12 -, juris, Rn. 25; BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2019 - 1 WB 28.17 - juris, Rn. 35; Bethge, Ausgangssperre, VerfBlog v. 24.03.2020). Diese Voraussetzungen lägen vor, da es sich bei der Corona-Pandemie um ein derart beispielloses Ereignis handele, dass vom Gesetzgeber nicht verlangt werden könnte, die erforderlichen Regelungen bereits im Voraus getroffen zu haben. Es bestehe auch ein dringender Handlungsbedarf, der zur Schließung gravierender, bei einer Abwägung der gegenläufigen verfassungsrechtlichen Positionen nicht mehr vertretbarer Schutzlücken den vorübergehenden Rückgriff auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel gebieten würde (OVG NRW, Beschluss vom 06.04.2020 - 13 B 398/20.NE -, juris, Rn. 61). |
2. Dans l'intervalle, il existe un large consensus dans la jurisprudence et la littérature sur le fait que l'article 28 IfSG ne répond pas aux exigences de la doctrine de matérialité en ce qui concerne les empiétements de grande portée sur les droits fondamentaux, y compris l'interdiction de contact par le biais des différentes réglementations corona des États fédéraux. Dans l'intervalle, le législateur a tenté de répondre à cela en insérant l'article 28a IfSG. Cependant, afin d'éviter un rejet par ailleurs inévitable des ordonnances, la jurisprudence a souvent souligné qu'il est reconnu que dans le contexte de développements imprévus pour des raisons impérieuses de bien commun, de graves lacunes réglementaires inacceptables pendant une période transitoire sur la base de clauses générales peuvent être nécessaires. et ainsi permettre temporairement des mesures même très intrusives qui nécessiteraient une réglementation particulière (exemple: OVG NRW, décision du 6 avril 2020 - 13 B 398 / 20.NE -, juris, Rn.59 avec référence sur OVG NRW, arrêt du 5 juillet 2013 - 5 A 607/11 juris, Rn.97 et suiv.; Saarl. OVG, arrêt du 6 septembre 2013 - 3 A 13/13 -, juris, Rn. 77 et suiv.; VGH Bad.-Württ., Arrêt du 22 juillet 2004 - 1 S 2801/03 juris, Rn.30; BVerfG, décision du 8 novembre 2012 - 1 BvR 22/12 -, juris, Rn.25; BVerwG, décision du 31 janvier 2019-1 WB 28,17 - juris, Rn.35; Bethge, couvre-feu , VerfBlog c. 24 mars 2020). Ces conditions préalables existent parce que la pandémie corona est un événement si sans précédent que le législateur ne pourrait pas être obligé d'avoir pris les réglementations nécessaires à l'avance. Il y a également un besoin urgent d'action, qui exigerait un recours temporaire à la clause générale de protection des infections afin de combler de graves lacunes de protection qui ne seraient plus justifiables si les positions constitutionnelles opposées étaient pesées (OVG NRW, décision du 6 avril 2020 - 13 B 398 / 20.NE - , juris, par.61). |
Je länger die Freiheitsbeschränkungen in der Corona-Krise andauerten, wurde in der Rechtsprechung zunehmend die Frage diskutiert, ob der "Übergangszeitraum" nicht bereits abgelaufen sei [vgl. etwa BayVGH, Beschluss vom 29.10.2020 - 20 NE 20.2360 -, juris, der dieser Frage breiten Raum widmet und sie an einer Stelle zumindest implizit bereits bejaht (Rn. 30): "Bis zu welchem Ausmaß und für welchen Zeitraum die §§ 32, 28 IfSG möglicherweise noch ausreichend waren, um die mit einer bislang nicht dagewesenen Pandemie … entstandene Gefahrenlage zu bewältigen, bedarf an dieser Stelle keiner abschließenden Entscheidung …" (Hervorhebung hinzugefügt), um dann mit dem Argument, dass der Bayerische Landtag die Staatsregierung mittlerweile aufgefordert habe, sich für die Schaffung konkreter Befugnisnormen im IfSG einzusetzen, am Ende die Frage doch wieder in die Schwebe zu bringen und von einer Verwerfung der angegriffenen Norm abzusehen.] |
Plus duraient les restrictions de liberté dans la crise Corona, la question était de plus en plus discutée dans la jurisprudence de savoir si la «période de transition» n'était pas déjà expirée [cf. par exemple BayVGH, décision du 29 octobre 2020 - 20 NE 20.2360 -, juris, qui consacre beaucoup d'espace à cette question et déjà à un moment donné l'affirme implicitement (marginal n ° 30): «Dans quelle mesure et pour quelle durée §§ 32 , 28 IfSG était peut-être encore suffisant pour faire face à la situation de danger qui a surgi avec une pandémie sans précédent ... ne nécessite pas une décision finale à ce stade ... "(italiques ajoutés), puis avec l'argument que le parlement bavarois a maintenant appelé le gouvernement de l'État Je dois travailler à la création de normes d'autorité spécifiques dans l'IfSG, pour finalement ramener la question dans les limbes et m'abstenir de rejeter la norme contestée.] |
3. Es kann hier dahinstehen, ob die damit vorgenommene Relativierung der Geltung der Wesentlichkeitslehre mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Einklang zu bringen ist (ablehnend etwa Möllers, aaO: "Sollten wir aus der Krise mit der Einsicht herausgehen, dass fundamentale Normen der Arbeitsteilung zwischen Parlament und Regierung … befristet unter einem ungeschriebenen verfassungsrechtlichen Notstandsvorbehalt stehen, wäre das fatal."), es soll diesbezüglich lediglich noch darauf hingewiesen werden, dass die einzige in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, der Beschluss vom 08.11.2012 - 1 BvR 22/12 -, kaum als Beleg angeführt werden kann, da in dieser Entscheidung lediglich unbeanstandet gelassen wurde, dass die Untergerichte die polizeiliche Generalklausel in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als noch ausreichende Rechtsgrundlage für eine Maßnahme, die möglicherweise einer detaillierten Ermächtigungsgrundlage bedurft hätte, angesehen haben, die Entscheidung über die Frage der Rechtsgrundlage somit in das Hauptsacheverfahren verlagert wurde. Dass gesetzliche Regelungslücken von der Exekutive unter bestimmten Bedingungen durch die Anwendung von Generalklauseln geschlossen werden könnten und insoweit die Anforderungen der Wesentlichkeitslehre vorübergehend suspendiert seien, ist damit in dieser Entscheidung nicht gesagt. |
3. Il peut être hors de propos ici de savoir si la relativisation de la validité de la doctrine de la matérialité doit être mise en conformité avec la jurisprudence de la Cour constitutionnelle fédérale (rejetant par exemple Möllers, op. Cit.: "Devrions-nous sortir de la crise en sachant que les normes fondamentales de la division du travail entre Le Parlement et le gouvernement ... sont temporairement soumis à un état d'urgence constitutionnel non écrit, qui serait fatal. "), Il convient seulement de rappeler à cet égard que la seule décision de la Cour constitutionnelle fédérale citée dans ce contexte, la décision du 8 novembre 2012 - 1 BvR 22 / 12 -, peut difficilement être invoquée comme élément de preuve, car dans cette décision, il n'a été laissé sans opposition que les juridictions inférieures ont utilisé la clause générale de police dans les procédures de protection juridique provisoire comme base juridique suffisante pour une mesure pouvant nécessiter une autorisation détaillée aurait considéré, la décision sur la question de la base juridique a donc été transférée au litige au principal. Cette décision ne dit pas que les vides juridiques peuvent être comblés par l'exécutif sous certaines conditions grâce à l'application de clauses générales et dans la mesure où les exigences de la théorie de la matérialité sont temporairement suspendues. |
Soweit eingriffsintensive Maßnahmen, die an sich einer besonderen Regelung bedürften, unter Rückgriff auf Generalklauseln nur im Rahmen "unvorhergesehener Entwicklungen" zulässig sein sollen, ist diese Voraussetzung vorliegend nicht erfüllt. Bereits im Jahr 2013 lag dem Bundestag eine unter Mitarbeit des Robert Koch-Instituts erstellte Risikoanalyse zu einer Pandemie durch einen "Virus Modi-SARS" vor, in der ein Szenario mit 7,5 Millionen (!) Toten in Deutschland in einem Zeitraum von drei Jahren beschrieben und antiepidemische Maßnahmen in einer solchen Pandemie diskutiert wurden (Bundestagsdrucksache 17/12051). Der Gesetzgeber hätte daher im Hinblick auf ein solches Ereignis, das zumindest für "bedingt wahrscheinlich" (Eintrittswahrscheinlichkeit Klasse C) gehalten wurde, die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes prüfen und ggf. anpassen können. |
Dans la mesure où les mesures à forte intensité d'intervention, qui nécessitent en elles-mêmes une réglementation particulière, ne devraient être autorisées qu'avec le recours à des clauses générales dans le cadre de "développements imprévus", cette exigence n'est pas remplie en l'espèce. Dès 2013, le Bundestag a reçu une analyse des risques d'une pandémie causée par un «Virus Modi-SRAS» en coopération avec l'Institut Robert Koch, dans laquelle un scénario avec 7, 5 millions (!) de décès en Allemagne sur une période de trois ans et des mesures anti-épidémiques dans une telle pandémie ont été discutés (papier du Bundestag 17/12051). Le législateur aurait donc pu examiner les dispositions de la loi sur la protection contre l'infection à l'égard d'un tel événement, considéré au moins comme "conditionnellement probable" (probabilité d'occurrence classe C) et, si nécessaire, l'ajuster. |
Hinzu kommt – und dieses Argument ist gewichtiger –, dass am 18.04.2020, dem Tag des Erlasses der 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO, weder in Deutschland im Ganzen betrachtet, noch in Thüringen eine epidemische Lage bestand, angesichts derer es ohne die Ergreifung von einschneidenden Maßnahmen durch die Exekutive unter Rückgriff auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel bzw. die (den Anforderungen der Wesentlichkeitslehre ebenfalls nicht genügenden) Spezialermächtigungen des § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG zu "nicht mehr vertretbaren Schutzlücken" gekommen wäre. Es gab keine "epidemische Lage von nationaler Tragweite" (§ 5 Abs. 1 IfSG), wenngleich dies der Bundestag mit Wirkung ab 28.03.2020 festgestellt hat. |
De plus - et cet argument est plus important - que le 18 avril 2020, jour de la promulgation du 3e règlement de mesure ThürSARS-CoV-2, ni en Allemagne dans son ensemble ni en Thuringe, il n'y avait une situation épidémique, au vu de laquelle elle était sans la prise de mesures drastiques par le pouvoir exécutif avec recours à la clause générale de la loi sur la protection contre les infections ou aux autorisations spéciales du § 28 Abs.1 S. 2 IfSG (qui ne répondent pas non plus aux exigences de la théorie de la matérialité) conduirait à «des lacunes de protection non justifiables». Il n'y a pas eu de «situation épidémique d'importance nationale» (§ 5 Abs.1 IfSG), bien que le Bundestag l'ait déterminé avec effet au 28 mars 2020. |
Diese Einschätzung ergibt sich bereits allein aus den veröffentlichten Daten des Robert Koch-Instituts: |
Cette évaluation est basée uniquement sur les données publiées par l'Institut Robert Koch: |
- Der Höhepunkt der COVID-19-Neuerkrankungen (Erkrankungsbeginn = Beginn der klinischen Symptome) war bereits am 18.03.2020 erreicht. Dies ergibt sich aus einer Grafik, die seit dem 15.04.2020 täglich in den Situationsberichten des Robert Koch-Instituts veröffentlicht wurde und die den zeitlichen Verlauf der Neuerkrankungen zeigt (z.B. Lagebericht vom 16.04.2020, S. 6, Abb. 6). Bringt man hier noch die laut Robert Koch-Institut durchschnittliche Inkubationszeit von 5 Tagen in Abzug, ergibt sich als Tag des Höhepunktes der Neuinfektionen der 13.03.2020. Zum Zeitpunkt des Beginns des Lockdowns am 22.03.2020 sank damit die Zahl der Neuinfektionen bereits seit 10 Tagen. Einschränkend ist lediglich zu bemerken, dass die Ermittlung des Verlaufs der Neuerkrankungen durch das Robert Koch-Institut insoweit mit einer Unsicherheit behaftet ist, als sie allein auf den gemeldeten Positivtests (und dem dabei entweder mit gemeldeten Erkrankungsbeginn bzw. – soweit nicht bekannt – dem geschätzten Erkrankungsbeginn) beruht und die Zahl der durchgeführten Tests nicht konstant war. Da aber von der 11. Kalenderwoche (09.-15.03.) bis zur 14. Kalenderwoche die wöchentlichen Testzahlen gesteigert wurden – von der 11. auf die 12. Kalenderwoche sprunghaft, danach nur noch mäßig – wäre für den Peak der Kurve der Neuerkrankungen eine zeitliche Verzerrung nach hinten zu erwarten, er wäre somit "verspätet" registriert worden und könnte in Wirklichkeit noch etwas vor dem 18.03.2020 gelegen haben. Dies kann hier aber dahingestellt bleiben, da es die vorliegende Argumentation nur noch verstärken würde. |
- Le pic de nouveaux cas de COVID-19 (apparition de la maladie = apparition des symptômes cliniques) a été atteint le 18 mars 2020. Il résulte d'un graphique publié quotidiennement dans les rapports de situation de l'Institut Robert Koch depuis le 15 avril 2020 et qui montre l'évolution de nouveaux cas au fil du temps (exemple: rapport de gestion du 16 avril 2020, p. 6, fig. 6). Si vous soustrayez le temps d'incubation moyen de 5 jours selon l'Institut Robert Koch, le jour du pic des nouvelles infections se produit le 13 mars 2020. Au moment où le confinement a commencé le 22 mars 2020, le nombre de nouvelles infections diminuait depuis 10 jours. La seule restriction à noter est que la détermination par l'Institut Robert Koch de l'évolution des nouvelles maladies est sujette à une incertitude dans la mesure où elle est basée uniquement sur les tests positifs rapportés (et soit sur l'apparition de la maladie signalée, soit - si elle n'est pas connue - sur l'estimation Début de la maladie) et le nombre de tests effectués n'était pas constant. Cependant, étant donné que les nombres de tests hebdomadaires ont été augmentés de la 11e semaine civile (09-15.03.) À la 14e semaine civile - par sauts et limites de la 11e à la 12e semaine calendaire, alors seulement modérément - serait un pour le sommet de la courbe des nouveaux cas distorsion temporelle à prévoir à rebours, elle aurait été enregistrée "tardivement" et aurait pu en réalité l'être un peu avant le 18/03/2020. Cependant, cela peut être laissé ouvert ici, car cela ne ferait que renforcer le présent argument. |
- Vor dem Lockdown gab es dementsprechend auch keine exponentielle Steigerung der Neuinfektionen. Zwar stieg die Zahl der Positivtests von 7.582 in der 11. Kalenderwoche (09.-15.03.) auf 23.820 in der 12. Kalenderwoche (16.-22.03.) und damit um 214 %, dieser Anstieg war aber vor allem auf eine Steigerung der Testzahlen von 127.457 (11. KW) um 173 % auf 348.619 (12. KW) zurückzuführen (Lagebericht vom 15.04.2020, Tabelle 4, S. 8). Der Anteil der Positivtests an den Gesamttests (sog. Positivenquote) stieg nur von 5,9% auf 6,8%, was einer Steigerung um lediglich 15% entspricht. |
- Avant le confinement, il n'y avait donc pas d'augmentation exponentielle des nouvelles infections. Bien que le nombre de tests positifs soit passé de 7582 la 11e semaine civile (09-15 mars) à 23820 la 12e semaine civile (16-22 mars) et donc de 214%, cette augmentation était principalement due à une augmentation Numéros de test de 127.457 (11ème semaine) à attribuer par 173% à 348.619 (12ème semaine) (rapport de gestion du 15 avril 2020, tableau 4, p. 8). La proportion de tests positifs dans le total des tests (taux dit positif) n'a augmenté que de 5,9% à 6,8%, ce qui correspond à une augmentation de seulement 15%. |
- Wie sich aus dem Epidemiologischen Bulletin 17/2020 des Robert Koch-Instituts, veröffentlicht am 15.04.2020, ergibt, sank die effektive Reproduktionszahl R nach den Berechnungen des RKI bereits am 21.03.2020 unter den Wert 1 (https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/6650.2/17_2020_2.Artikel.pdf?sequence=3&isAllowed=y) und blieb dann mit kleineren Schwankungen ungefähr bei 1. Da nach den Erläuterungen des Robert Koch-Instituts (Erläuterung der Schätzung der zeitlich variierenden Reproduktionszahl R, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/R-Wert-Erlaeuterung.pdf?__blob=publicationFile) die an einem bestimmten Tag berichtete Reproduktionszahl die Neuinfektionen im Zeitraum 13 bis 8 Tage vor diesem Tag beschreibt, ist diese Zeitverzögerung noch in Abzug zu bringen, so dass danach der R-Wert (bei einer Korrektur um 10 Tage) bereits am 11. März unter 1 lag, was obigem Befund zum Höhepunkt der Neuinfektionen entspricht (vgl. Kuhbandner, Warum die Wirksamkeit des Lockdowns wissenschaftlich nicht bewiesen ist, https://www.heise.de/tp/features/Warum-die-Wirksamkeit-des-Lockdowns-wissenschaftlich-nicht-bewiesen-ist-4992909.html?seite=all.) |
- Comme on peut le voir dans le Bulletin épidémiologique 17/2020 de l'Institut Robert Koch, publié le 15 avril 2020, le nombre de reproduction effective R selon les calculs du RKI est déjà tombé en dessous de la valeur 1 le 21 mars 2020 (https: // edoc. rki.de/bitstream/handle/176904/6650.2/17_2020_2.Artikel.pdf?sequence=3&isAllowed=y) puis est resté à environ 1 avec des fluctuations plus faibles. Puisque selon les explications de l'Institut Robert Koch (explication de l'estimation de la variation dans le temps Numéro de reproduction R, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/R-Wert-Erlaeuterung.pdf?__blob=publicationFile) le numéro de reproduction signalé un certain jour les nouvelles infections dans la période du 13 au 8 jours avant ce jour, ce délai est à déduire, de sorte qu'ensuite la valeur R (avec une correction de 10 jours) était déjà inférieure à 1 le 11 mars, ce qui correspond au constat ci-dessus au plus fort des nouvelles infections (cf. Kuhbandner, pourquoi le Wirksa La possibilité du confinement n'a pas été scientifiquement prouvée, https://www.heise.de/tp/features/Warum-die-Wirektiven-des-Lockdowns-wissenschaftlich-nicht-bewiesen-ist-4992909.html?seite=all.) |
- Da die Zahl der Neuinfektionen bereits seit Mitte März rückläufig war, ist es nicht überraschend, dass in Deutschland zu keinem Zeitpunkt im Frühjahr 2020 eine konkrete Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystems durch eine "Welle" von COVID-19-Patienten bestand. Wie sich dem am 17.03.2020 neuetablierten DIVI-Intensivregister entnehmen lässt, waren im März und April in Deu |
- Le nombre de nouvelles infections étant en baisse depuis la mi-mars, il n'est pas étonnant qu'à aucun moment au printemps 2020 il n'y ait eu de risque concret de surcharger le système de santé avec une «vague» de patients COVID-19. Comme le montre le registre intensif DIVI nouvellement créé le 17 mars 2020, étaient en Allemagne en mars et avril |
tschland durchgehend mindestens 40% der Intensivbetten frei. In Thüringen wurden am 03.04.2020 378 Intensivbetten als belegt gemeldet, davon 36 mit COVID-19-Patienten. Dem standen 417 (!) freie Betten gegenüber. Am 16.04.2020, also zwei Tage vor dem Erlass der Verordnung wurden 501 Intensivbetten als belegt gemeldet, davon 56 mit COVID-19-Patienten. Dem standen 528 (!) freie Betten gegenüber (https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/zeitreihen Die Zunahme der Gesamtbettenzahl ist dadurch zu erklären, dass anfangs nicht alle Kliniken an das DIVI-Intensivregister meldeten, erst ab dem 25. April kann von einer Meldung nahezu aller Kliniken ausgegangen werden.) Die Höchstzahl der gemeldeten COVID-19- Patienten betrug in Thüringen im Frühjahr 63 (28. April), die Zahl der COVID-19-Patienten lag damit zu keinem Zeitpunkt in einem Bereich, bei dem eine Überlastung des Gesundheitssystems zu befürchten gewesen wäre. |
En République tchèque, au moins 40% des lits de soins intensifs sont gratuits. En Thuringe, 378 lits de soins intensifs ont été signalés comme occupés le 3 avril 2020, dont 36 avec des patients COVID-19. Il y avait 417 (!) Lits gratuits. Le 16 avril 2020, deux jours avant la publication de l'ordonnance, 501 lits de soins intensifs ont été signalés comme occupés, dont 56 avec des patients COVID-19. En revanche, il y avait 528 (!) Lits gratuits (https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/zeitreihen L'augmentation du nombre total de lits peut s'expliquer par le fait qu'au départ, toutes les cliniques n'étaient pas déclarées au registre de On peut s'attendre à ce que presque toutes les cliniques rapportent le 25 avril.) Le nombre maximum de patients COVID-19 signalés en Thuringe au printemps était de 63 (28 avril), le nombre de patients COVID-19 n'a jamais été en un domaine dans lequel on aurait craint une surcharge du système de santé. |
- Diese Einschätzung der tatsächlichen Gefahren durch COVID-19 im Frühjahr 2020 wird bestätigt durch eine Auswertung von Abrechnungsdaten von 421 Kliniken der Initiative Qualitätsmedizin (https://www.initiative-qualitaetsmedizin.de/effekte-der-sars-cov-2-pandemie-auf-die-stationaere-versorgung-im-ersten-halbjahr-2020), die zu dem Ergebnis kam, dass die Zahl der in Deutschland im ersten Halbjahr 2020 stationär behandelten SARI-Fälle (SARI = severe acute respiratory infection = schwere Atemwegserkrankungen) mit insgesamt 187.174 Fällen sogar niedriger lag als im ersten Halbjahr 2019 (221.841 Fälle), obwohl darin auch die COVID bedingten SARI-Fälle mit eingeschlossen waren. Auch die Zahl der Intensivfälle und der Beatmungsfälle lag nach dieser Analyse im ersten Halbjahr 2020 niedriger als in 2019. |
- Cette évaluation des dangers réels posés par le COVID-19 au printemps 2020 est confirmée par une évaluation des données de facturation de 421 cliniques de la Quality Medicine Initiative (https://www.initiative-qualitaetsmedizin.de/effekte-der-sars-cov-2-pandemie -auf-die-in-patient-supply-in-the-first-half-year-2020), qui est parvenu à la conclusion que le nombre de cas de SARI (SARI = infection respiratoire aiguë sévère) traités en Allemagne au premier semestre 2020 avec un total de 187174 cas, était encore plus bas que dans la première moitié de 2019 (221841 cas), même si cela incluait également les cas de SARI liés au COVID. Selon cette analyse, le nombre de cas de soins intensifs et de cas de ventilation était également plus faible au premier semestre 2020 qu'en 2019. |
- Auch die Sterbestatistik unterstützt diesen Befund. Laut Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts (https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/Tabellen/sonderauswertung-sterbefaelle.html?nn=209016) starben im ersten Halbjahr 2020 in Deutschland 484.429 Menschen, im ersten Halbjahr 2019 waren es 479.415, 2018 501.391, 2017 488.147 und 2016 461.055 Menschen. Sowohl 2017 als auch 2018 gab es danach im ersten Halbjahr mehr Todesfälle als in 2020 (für die weitere Entwicklung vgl. den CoDAG-Bericht Nr. 4 des Instituts für Statistik der Ludwig-Maximilians-Universität München vom 11.12.2020, https://www.covid19.statistik.uni-muenchen.de/pdfs/bericht-4.pdf). |
- Les statistiques de décès appuient également cette constatation. Selon une évaluation spéciale de l'Office fédéral de la statistique (https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/Tabellen/sonderausbildung-sterbefaelle.html?nn=209016), 484429 sont décédés en Allemagne au premier semestre 2020 Personnes, au premier semestre 2019, il y avait 479415 personnes, 2018501391, 2017488147 et 2016461055 personnes. En 2017 et 2018, il y a eu plus de décès au premier semestre qu'en 2020 (pour plus de détails, voir le rapport CoDAG n ° 4 de l'Institut de statistique de l'Université Ludwig Maximilians de Munich du 11 décembre 2020, https: // www.covid19.statistik.uni-muenchen.de/pdfs/bericht-4.pdf). |
- Die Schreckenszenarien, die im Frühjahr die Entscheidung über den Lockdown maßgeblich beeinflussten (dazu näher unter V.1.), beruhten auch auf falschen Annahmen zur Letalität des Virus (sog. infection fatality rate = IFR) und zur Frage einer bereits vorhandenen bzw. fehlenden Grundimmunität gegen das Virus in der Bevölkerung. Die Kontagiosität wurde dagegen von Anfang nicht als dramatisch höher beurteilt als bei einem Influenzavirus (das Robert Koch-Institut gibt die Basisreproduktionszahl R0 von SARS-CoV-2 mit 3,3 - 3,8 an, bei Influenza liegt sie nach den meisten Angaben bei 1 - 3, bei Masern bei 12 - 18). Die Letalität beträgt nach einer Metastudie des Medizinwissenschaftlers und Statistikers John Ioannidis, eines der meistzitierten Wissenschaftler weltweit, die im Oktober in einem Bulletin der WHO veröffentlicht wurde, im Median 0,27%, korrigiert 0,23 % und liegt damit nicht höher als bei mittelschweren Influenzaepidemien (https://www.who.int/bulletin/online_first/BLT.20.265892.pdf). Der Altersmedian der an oder mit SARS-CoV-2 Verstorbenen beträgt in Deutschland 84 Jahre (vgl. Situationsbericht des RKI vom 05.01.2021, S. 8). Und entgegen den ursprünglichen Annahmen, die von einer fehlenden Immunität gegen das "neuartige" Virus ausgingen, weshalb zum Erreichen einer Herdenimmunität 60-70% Bevölkerung infiziert werden müssten, gibt es bei bis zu 50% der Bevölkerung, die nicht SARS-CoV-2 exponiert waren, bereits eine Grundimmunität durch kreuzreaktive T-Zellen, die durch Infektionen mit früheren Corona-Viren entstanden sind (Doshi, Covid-19: Do many people have pre-existing immunity?, https://www.bmj.com/content/370/bmj.m3563, dazu auch: SARS-CoV-2: Ist die Grundimmunität größer als angenommen?, DAZ.online vom 14.10.2020, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/10/14/sars-cov-2-ist-die-grundimmunitaet-hoeher-als-angenommen). |
- Les scénarios d'horreur qui ont considérablement influencé la décision concernant le confinement au printemps (plus à ce sujet sous V.1.) Étaient également basés sur des hypothèses erronées concernant la létalité du virus (soi-disant taux de mortalité par infection = IFR) et la question d'un ou manque d'immunité de base contre le virus dans la population. La contagiosité, en revanche, n'a pas été évaluée comme considérablement plus élevée que celle d'un virus grippal dès le début (l'Institut Robert Koch donne le nombre de reproduction de base R0 du SRAS-CoV-2 de 3,3 à 3,8, dans le cas de la grippe, il est, selon la plupart des informations, à 1 - 3, dans la rougeole 12 - 18). Selon une méta-étude du médecin et statisticien John Ioannidis, l'un des scientifiques les plus cités au monde et publiée dans un bulletin de l'OMS en octobre, la mortalité médiane est de 0,27%, corrigée de 0,23% et n'est donc pas supérieure à celle de modérée Épidémies de grippe (https://www.who.int/bulletin/online_first/BLT.20.265892.pdf). L'âge médian des personnes décédées des suites ou avec le SRAS-CoV-2 en Allemagne est de 84 ans (voir rapport de situation RKI du 5 janvier 2021, p. 8). Et contrairement aux hypothèses d'origine, qui supposaient un manque d'immunité contre le «nouveau» virus, c'est pourquoi 60 à 70% de la population devrait être infectée pour obtenir l'immunité collective, jusqu'à 50% de la population n'a pas le SRAS-CoV-2 ont été exposés, une immunité de base grâce à des cellules T à réactivité croisée résultant d'infections avec des virus corona précédents (Doshi, Covid-19: Beaucoup de gens ont-ils une immunité préexistante?, https://www.bmj.com/content /370/bmj.m3563, également: SARS-CoV-2: l'immunité de base est-elle plus grande que supposée?, DAZ.online du 14 octobre 2020, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/ 2020/10/14 / sars-cov-2-est-l'immunité-de-base-plus-élevée-que-supposé). |
Da nach allem keine Situation bestand, die ohne einschneidende Maßnahmen zu "unvertretbaren Schutzlücken" geführt hätte, sind § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO auch wenn man der Rechtsauffassung folgt, dass in einer solchen Situation ein Rückgriff auf Generalklauseln verfassungsgemäß ist, wegen Verstoßes gegen die Anforderungen der Wesentlichkeitslehre verfassungswidrig. |
Puisque, après tout, il n'y avait aucune situation qui aurait conduit à des «lacunes inacceptables dans la protection» sans mesures drastiques, § 2 Paragraphe 1 et § 3 Paragraphe 1 3e règlement ThürSARS-CoV-2-Mesure sont également si l'on suit l'opinion juridique que dans un Dans une telle situation, le recours à des clauses générales est inconstitutionnel en raison d'une violation des exigences de la théorie de la matérialité. |
IV. |
IV. |
Das allgemeine Kontaktverbot bzw. das Ansammlungsverbot gem. § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO ist aus materiellen Gründen verfassungswidrig, weil es die in Art. 1 Abs. 1 GG als unantastbar garantierte Menschenwürde verletzt. |
L'interdiction générale de contact ou l'interdiction de rassemblement conformément à la section 2, paragraphe 1 et à la section 3, paragraphe 1 du 3e règlement ThürSARS-CoV-2-Mesure est inconstitutionnelle pour des raisons matérielles, car elle protège la dignité humaine garantie comme inviolable à l'article 1 (1) de la Loi fondamentale blessé. |
Unantastbarkeit d |
Inviolabilité d |
er Menschenwürde heißt, dass eine Verletzung der Menschenwürde nicht mit anderen Grundwerten der Verfassung gerechtfertigt werden kann; der Achtungsanspruch der Menschenwürde ist kategorisch. Dies bedeutet aber nicht, dass der Inhalt dieses Achtungsanspruchs, das, was der Würde des Einzelnen geschuldet ist, unabhängig von der konkreten Situation bestimmt werden könnte. Insbesondere die Rücksicht auf Würde und Leben anderer prägt den Inhalt des Achtungsanspruchs mit (Maunz/Dürig/Herdegen, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 46.) So kann z. B. physischer Zwang oder Freiheitsentzug in bestimmten Situationen die Würde des Betroffenen verletzen, in anderen dagegen nicht. In den Worten des Bundesverfassungsgerichts: "Was den Grundsatz der Unantastbarkeit der Menschenwürde angeht, so hängt alles von der Festlegung ab, unter welchen Umständen sie verletzt sein kann. Dies lässt sich nicht generell sagen, sondern immer nur in Ansehung des konkreten Falls." (BVerfG NJW 1993, 3315). Unbestritten bleibt dabei, dass es einzelne Handlungen gibt, die unabhängig von dem mit ihnen verfolgten Zweck (Finalität) eine Würdeverletzung darstellen. Dazu zählen Folter, Genozid oder Massenvertreibung. Daneben gibt es bestimmte Handlungen, die allein aufgrund ihrer Finalität würdeverletzend sind, als Beispiel ist hier die rassistische Diskriminierung zu nennen (Herdegen, aaO, Rn. 47). Abgesehen von diesen Fällen kommt es aber immer auf eine wertende Gesamtwürdigung an. Für diese wird von der Rechtsprechung häufig die sog. Objektformel herangezogen, nach der die Menschenwürde betroffen ist, wenn der konkrete Mensch zum bloßen Objekt herabgewürdigt wird. Diese Formel ist aber insofern nur begrenzt operationalisierbar, als sie nicht frei von tautologischen Elementen ist. Sie kann daher nur die Richtung weisen, in der Fälle der Verletzung der Menschenwürde gefunden werden können (BVerfG 30, 1 (25)). Richtungsweisend in diesem Sinne erscheint auch ein Ansatz, der den Menschenwürdesatz als Schutz vor Tabuverletzungen begreift (Sachs/Höfling, GG Art. 1 Rn. 18). |
a dignité humaine signifie qu'une violation de la dignité humaine ne peut être justifiée par d'autres valeurs fondamentales de la constitution; la revendication du respect de la dignité humaine est catégorique. Cependant, cela ne signifie pas que le contenu de cette prétention au respect, ce qui est dû à la dignité de l'individu, puisse être déterminé indépendamment de la situation spécifique. En particulier, le respect de la dignité et de la vie d'autrui façonne le contenu de la demande de respect (Maunz / Dürig / Herdegen, GG, art. 1 par. 1 Rn. 46). B. La contrainte physique ou la privation de liberté dans certaines situations portent atteinte à la dignité de la personne concernée, mais pas dans d'autres. Pour reprendre les termes de la Cour constitutionnelle fédérale: "En ce qui concerne le principe de l'inviolabilité de la dignité humaine, tout dépend de la définition des circonstances dans lesquelles il peut être violé. Cela ne peut pas être dit en général, mais uniquement en ce qui concerne le cas concret." (BVerfG NJW 1993, 3315). Il n'est pas contesté qu'il existe des actes individuels qui représentent une violation de la dignité quel que soit le but (finalité) poursuivi avec eux. Il s'agit notamment de la torture, du génocide et des déplacements massifs. En outre, il existe certaines actions qui portent atteinte à la dignité uniquement en raison de leur caractère définitif, comme la discrimination raciale (Herdegen, op. Cit., Par. 47). En dehors de ces cas, cependant, cela dépend toujours d'une évaluation globale. Pour cela, la formule dite d'objet est souvent utilisée par la jurisprudence, selon laquelle la dignité humaine est affectée si la personne concrète est dégradée en un simple objet. Cette formule ne peut être opérationnalisée que dans une mesure limitée dans la mesure où elle n'est pas exempte d'éléments tautologiques. Il ne peut donc qu'indiquer la manière dont les cas de violation de la dignité humaine peuvent être trouvés (BVerfG 30, 1 (25)). Montrer la voie dans ce sens semble également être une approche qui comprend le principe de la dignité humaine comme une protection contre les violations tabou (Sachs / Höfling, GG Art. 1 marginal numéro 18). |
Auf den vorliegenden Fall bezogen ergibt sich daraus folgendes: Bei einem allgemeinen Kontaktverbot handelt es sich um einen schweren Eingriff in die Bürgerrechte. Es gehört zu den grundlegenden Freiheiten des Menschen in einer freien Gesellschaft, dass er selbst bestimmen kann, mit welchen Menschen (deren Bereitschaft vorausgesetzt) und unter welchen Umständen er in Kontakt tritt. Die freie Begegnung der Menschen untereinander zu den unterschiedlichsten Zwecken ist zugleich die elementare Basis der Gesellschaft. Der Staat hat sich hier grundsätzlich jedes zielgerichteten regulierenden und beschränkenden Eingreifens zu enthalten. Die Frage, wie viele Menschen ein Bürger zu sich nach Hause einlädt oder mit wie vielen Menschen eine Bürgerin sich im öffentlichen Raum trifft, um spazieren zu gehen, Sport zu treiben, einzukaufen oder auf einer Parkbank zu sitzen, hat den Staat grundsätzlich nicht zu interessieren. |
En ce qui concerne la présente affaire, les résultats suivants: Une interdiction générale des contacts est une atteinte grave aux droits civils. C'est l'une des libertés fondamentales des personnes dans une société libre de pouvoir déterminer elles-mêmes quelles personnes (à condition qu'elles le souhaitent) et dans quelles circonstances elles entrent en contact. La libre rencontre des gens les uns avec les autres pour les buts les plus variés est en même temps la base élémentaire de la société. En principe, l'État doit s'abstenir de toute intervention réglementaire et restrictive ciblée. La question du nombre de personnes qu'un citoyen invite chez lui ou du nombre de personnes qu'un citoyen rencontre dans les lieux publics pour se promener, faire du sport, faire du shopping ou s'asseoir sur un banc de parc n'intéresse pas l'État . |
Mit dem Kontaktverbot greift der Staat – wenn auch in guter Absicht – die Grundlagen der Gesellschaft an, indem er physische Distanz zwischen den Bürgerinnen und Bürgern erzwingt ("social distancing"). Kaum jemand konnte sich noch im Januar 2020 in Deutschland vorstellen, dass es ihm durch den Staat unter Androhung eines Bußgeldes untersagt werden könnte, seine Eltern zu sich nach Hause einzuladen, sofern er nicht für die Zeit ihrer Anwesenheit die übrigen Mitglieder seiner Familie aus dem Haus schickt. Kaum jemand konnte sich vorstellen, dass es drei Freunden verboten sein könnte, zusammen auf einer Parkbank zu sitzen. Noch nie zuvor ist der Staat auf den Gedanken verfallen, zu solchen Maßnahmen zur Bekämpfung einer Epidemie zu greifen. Selbst in der Risikoanalyse "Pandemie durch Virus Modi-SARS" (BT-Drs. 17/12051), die immerhin ein Szenario mit 7,5 Millionen Toten beschrieb, wird ein allgemeines Kontaktverbot (ebenso wie Ausgangssperren und die weitgehende Stilllegung des öffentlichen Lebens) nicht in Erwägung gezogen. Als antiepidemische Maßnahmen werden neben Quarantäne von Kontaktpersonen Infizierter und Absonderung von Infizierten nur Schulschließungen, die Absage von Großveranstaltungen und Hygieneempfehlungen genannt (BT-Drs. 17/12051, S. 61f). |
Avec l'interdiction des contacts, l'État s'attaque aux fondements de la société - quoique de bonne foi - en forçant une distance physique entre les citoyens («social distancing»). Presque personne en Allemagne ne pouvait encore imaginer en janvier 2020 que l'État pourrait leur interdire d'inviter leurs parents chez eux sous la menace d'une amende, à moins que les autres membres de leur famille ne soient autorisés à quitter la maison pendant qu'ils y étaient. envoie. Presque personne ne pouvait imaginer que trois amis ne pouvaient pas être autorisés à s'asseoir ensemble sur un banc de parc. L’Etat n’a jamais eu l’idée de prendre de telles mesures pour lutter contre une épidémie. Même dans l'analyse des risques "Pandemic by Virus Modi-SARS" (BT-Drs. 17/12051), qui décrivait un scénario avec 7,5 millions de morts, une interdiction générale des contacts (ainsi que des couvre-feux et la fermeture massive de la vie publique) pas considéré. En tant que mesures anti-épidémiques, en plus de la mise en quarantaine des personnes de contact des personnes infectées et de l'isolement des personnes infectées, seules les fermetures d'écoles, l'annulation d'événements majeurs et les recommandations d'hygiène sont mentionnées (BT-Drs. 17/12051, p. 61f). |
Wenngleich es scheint, dass es in den Monaten der Corona-Krise zu einer Werteverschiebung mit der Folge gekommen ist, dass zuvor als absolut exzeptionell betrachtete Vorgänge inzwischen von vielen Menschen als mehr oder weniger "normal" empfunden werden, was selbstverständlich auch den Blick auf das Grundgesetz verändert, sollte nach dem Gesagten an sich kein Zweifel daran bestehen, dass mit einem allgemeinen Kontaktverbot der demokratische Rechtsstaat ein – bisher als vollkommen selbstverständlich angesehenes – Tabu verletzt. |
Bien qu'il semble qu'il y ait eu un changement de valeurs au cours des mois de la crise Corona, avec pour résultat que des processus qui étaient auparavant considérés comme absolument exceptionnels sont maintenant perçus par beaucoup de gens comme plus ou moins «normaux», ce qui inclut bien sûr également la vision du Si la Loi fondamentale a été modifiée, après ce qui a été dit, il ne devrait y avoir aucun doute qu'avec une interdiction générale des contacts, l'État constitutionnel démocratique viole un tabou qui était auparavant considéré comme allant de soi. |
Hinzu kommt und als gesondert zu würdigender Aspekt ist zu beachten, dass der Staat mit dem allgemeinen Kontaktverbot zum Zwecke des Infektionsschutzes jeden Bürger als potentiellen Gefährder der Gesundheit Dritter beh |
En outre, et comme un aspect à reconnaître séparément, il convient de noter que l'État, avec l'interdiction générale des contacts à des fins de protection contre les infections, traite chaque citoyen comme une menace potentielle pour la santé de tiers. |
andelt. Wird jeder Bürger als Gefährder betrachtet, vor dem andere geschützt werden müssen, wird ihm zugleich die Möglichkeit genommen, zu entscheiden, welchen Risiken er sich selbst aussetzt, was eine grundlegende Freiheit darstellt. Ob die Bürgerin abends ein Café oder eine Bar besucht und um der Geselligkeit und Lebensfreude willen das Risiko einer Infektion mit einem Atemwegsvirus in Kauf nimmt oder ob sie vorsichtiger ist, weil sie ein geschwächtes Immunsystem hat und deshalb lieber zu Hause bleibt, ist ihr unter der Geltung eines allgemeinen Kontaktverbotes nicht mehr zur Entscheidung überlassen. Das freie Subjekt, das selbst Verantwortung für seine und die Gesundheit seiner Mitmenschen übernimmt, ist insoweit suspendiert. Alle Bürger werden vom Staat als potentielle Gefahrenquellen für andere und damit als Objekte betrachtet, die mit staatlichem Zwang "auf Abstand" gebracht werden müssen. |
andelt. Si chaque citoyen est considéré comme une menace contre laquelle les autres doivent être protégés, il est en même temps privé de la possibilité de décider des risques auxquels il s'expose, ce qui est une liberté fondamentale. Que la citoyenne se rende dans un café ou un bar le soir et accepte le risque d'infection par un virus respiratoire par souci de convivialité et de joie de vivre, ou qu'elle soit plus prudente car elle a un système immunitaire affaibli et préfère donc rester à la maison, elle est sous Une interdiction générale de contact n'est plus à décider. Le sujet libre qui assume la responsabilité de sa propre santé et de celle de ses semblables est suspendu à cet égard. Tous les citoyens sont considérés par l'État comme des sources potentielles de danger pour les autres et donc comme des objets qui doivent être «distancés» par la contrainte de l'État. |
Mit der Feststellung, dass mit dem allgemeinen Kontaktverbot ein Tabu verletzt und der Bürger als Objekt behandelt wird, ist allerdings noch nicht entschieden, ob damit die Menschenwürde verletzt ist. Im Rahmen der wertenden Gesamtwürdigung ist die Frage zu beantworten, ob grundsätzlich Umstände denkbar wären, unter denen ein allgemeines Kontaktverbot dennoch als mit der Würde der Menschen vereinbar angesehen werden könnte. Da eine Tabuverletzung im Bereich grundrechtseingreifenden Handeln des Staates allenfalls zur Abwendung einer ganz außergewöhnlichen Notlage hinnehmbar erscheint, wäre dies nur bei einem allgemeinen Gesundheitsnotstand – einem drohenden flächendeckenden Zusammenbruch des Gesundheitssystems durch Überlastung bzw. der Drohung von Todesfällen in vollkommen anderen Dimensionen als bei den regelmäßig vorkommenden Grippewellen – und auch nur dann gegeben, sofern von dem tabuverletzenden Grundrechtseingriff ein substantieller Beitrag zur Abwendung oder Begrenzung des Notstandes zu erwarten wäre. Beides war nicht der Fall. Dass im Frühjahr kein allgemeiner Gesundheitsnotstand in Deutschland bestand, wurde bereits gezeigt. Dass von einem allgemeinen Kontaktverbot kein substantieller Beitrag zur positiven Beeinflussung einer Epidemie zu erwarten ist, wird unter V. noch näher ausgeführt. |
Cependant, étant donné que l'interdiction générale des contacts viole un tabou et que le citoyen est traité comme un objet, il n'a pas encore été décidé si cela viole la dignité humaine. Dans le cadre de l'évaluation globale, la question à laquelle il faut répondre est de savoir s'il existe des circonstances fondamentalement concevables dans lesquelles une interdiction générale des contacts pourrait néanmoins être considérée comme compatible avec la dignité humaine. Étant donné qu'une violation tabou dans le domaine des actions de l'État qui viole les droits fondamentaux semble être au mieux acceptable pour éviter une urgence très exceptionnelle, cela ne serait acceptable qu'en cas d'urgence sanitaire générale - un effondrement imminent du système de santé par surcharge ou la menace de décès dans des dimensions complètement différentes de celles qui se produisent régulièrement Des flambées de grippe - et seulement si une contribution substantielle à la prévention ou à la limitation de l'état d'urgence peut être attendue de la violation des droits fondamentaux qui viole les tabous. Ce n’était pas non plus le cas. Il a déjà été démontré qu'il n'y avait pas eu d'urgence sanitaire générale en Allemagne au printemps. Le fait qu'une interdiction générale des contacts ne devrait pas apporter une contribution substantielle à une influence positive sur une épidémie est expliqué plus en détail sous V. |
Unter den tatsächlich gegebenen Umständen verletzt der Staat danach mit einem allgemeinen Kontaktverbot den mit der Menschenwürde bezeichneten Achtungsanspruch der Bürger. |
Dans les circonstances réelles, l'État viole alors le droit du citoyen au respect, dénoté par la dignité humaine, avec une interdiction générale des contacts. |
V. |
V. |
Soweit der Auffassung, dass die hier zur Rede stehenden Normen die Menschenwürde verletzen, nicht gefolgt wird, genügen die Normen jedenfalls nicht dem Verhältnismäßigkeitsgebot. |
Dans la mesure où l’opinion selon laquelle les normes en question violent la dignité humaine n’est pas respectée, les normes ne satisfont en aucun cas à l’exigence de proportionnalité. |
Mit dem allgemeinen Kontaktverbot und dem Verbot von Ansammlungen wird in die allgemeine Handlungsfähigkeit gem. Art. 2 Abs. 1 GG und in Spezialgrundrechte eingegriffen. Die Prüfung kann hier auf die Frage der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit beschränkt werden, da bei Verneinung der Verhältnismäßigkeit dieses Eingriffs auch die Eingriffe in die Spezialgrundrechte (soweit die Eingriffe nicht über den Regelungsinhalt des Kontaktverbotes hinausgehen) unverhältnismäßig sind. |
Avec l'interdiction générale des contacts et l'interdiction des rassemblements, la capacité générale d'agir conformément à l'article 2, paragraphe 1 de la Loi fondamentale et les droits fondamentaux spéciaux sont entravés. L'examen peut ici se limiter à la question de la proportionnalité de l'ingérence dans la liberté d'action générale, car si la proportionnalité de cette ingérence est niée, l'ingérence dans les droits fondamentaux spéciaux (dans la mesure où l'ingérence ne va pas au-delà du contenu réglementaire de l'interdiction de contact) est disproportionnée. |
1. Verhältnismäßigkeit setzt voraus, dass mit einem Grundrechtseingriff ein legitimes Ziel verfolgt wird, der Eingriff geeignet ist, die Zielerreichung zu fördern, der Eingriff erforderlich ist, weil es kein milderes Mittel gibt, das in gleicher Weise geeignet ist, und er schließlich auch angemessen, d.h. verhältnismäßig im engeren Sinne ist. |
1. La proportionnalité présuppose qu'un empiètement sur les droits fondamentaux poursuit un but légitime, que l'empiètement est apte à promouvoir la réalisation de l'objectif, que l'empiètement est nécessaire parce qu'il n'y a pas de moyen moins clément qui convient également et, finalement, qu'il est également approprié , c'est-à-dire proportionnelle au sens strict. |
Als Ziel des Lockdowns wurde anfangs ausschließlich die Verhinderung einer Überlastung des Gesundheitssystems bezeichnet. In dem Lockdown-Beschluss vom 22.03.2020 gaben die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder als Ziel an: "Wir müssen alles dafür tun, um einen unkontrollierten Anstieg der Fallzahlen zu verhindern und unser Gesundheitssystem leistungsfähig zu halten. Dafür ist die Reduzierung von Kontakten entscheidend." (https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/besprechung-der-bundeskanzlerin-mit-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-laender-vom-22-03-2020-1733248). Um eine Überlastung des Gesundheitssystems durch einen unkontrollierten Anstieg der Patientenzahlen zu verhindern, sollte der Anstieg der Neuinfektionen gebremst werden, um die erwartete Zahl an Intensivpatienten auf einen längeren Zeitraum zu verteilen ("flatten the curve"). Dies war auch das maßgebliche Ziel der Thüringer Landesregierung seit dem Erlass der Thüringer Corona-EindämmungsVO vom 24.03.2020 und auch der 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO vom 18.04.2020, der eine erneute Beratung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder am 15.04.2020 vorausging, bei der beschlossen wurde, den Lockdown zu verlängern. Da die Ausbreitung des Virus als unvermeidlich angesehen wurde, ging es anfangs dagegen nicht darum, die Zahl der Infektionen so gering wie möglich zu halten. Erst nachdem unübersehbar wurde, dass es zu keiner Überlastung des Gesundheitssystems kommen würde, wurde als Ziel der Maßnahmen zunehmend die bl |
Au départ, le seul objectif du confinement était d'éviter que le système de santé ne devienne surchargé. Dans la résolution de confinement du 22 mars 2020, la chancelière fédérale et les premiers ministres des États fédéraux ont déclaré l'objectif: «Nous devons faire tout ce qui est en notre pouvoir pour empêcher une augmentation incontrôlée du nombre de cas et maintenir l'efficacité de notre système de santé. La réduction des contacts est cruciale pour cela. . " (https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/bessprechung-der-bundeskanzlerin-mit-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-laender-vom-22-03-2020-1733248). Afin d'éviter que le système de santé ne soit surchargé par une augmentation incontrôlée du nombre de patients, l'augmentation des nouvelles infections doit être ralentie afin de répartir le nombre attendu de patients en réanimation sur une période plus longue («aplatir la courbe»). Cela a également été l'objectif principal du gouvernement de l'État de Thuringe depuis que l'ordonnance de confinement de la couronne de Thuringe a été adoptée le 24 mars 2020 et aussi la 3e ordonnance de condamnation ThürSARS-CoV-2 du 18 avril 2020, qui a de nouveau conseillé le chancelier fédéral avec le Premier ministre des États sur 15 avril 2020, date à laquelle il a été décidé de prolonger le confinement. La propagation du virus étant considérée comme inévitable, l'objectif initial n'était pas de maintenir le nombre d'infections aussi bas que possible. Ce n'est qu'après qu'il est devenu clair que le système de santé ne serait pas surchargé que les mesures sont devenues de plus en plus le bl |
oße Minimierung der Infektionszahlen genannt. |
appelée minimisation du nombre d’infections. |
Zum Verständnis des Hintergrundes des Lockdown-Beschlusses ist ein im März verfasstes Strategiepapier des Bundesinnenministeriums mit dem Titel "Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen" von Bedeutung (das als Verschlusssache deklarierte Papier ist inzwischen auf der Webseite des Bundesinnenministeriums öffentlich zugänglich https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2020/corona/szenarienpapier-covid19.html). In diesem Papier wurden in einem Worst-Case-Szenario über eine Million Tote allein in Deutschland bis Ende Mai 2020 prognostiziert. Der Bedarf an Intensivbetten sollte in dem Szenario etwa am 09.04.2020 erstmals die Zahl der verfügbaren Betten übersteigen. Die Pandemie wurde als "größte Herausforderung seit dem Ende des Zweiten Weltkriege" bezeichnet - genau diese Worte verwendete auch die Bundeskanzlerin in ihrer Fernsehansprache vom 18.03.2020, was dafür spricht, dass die Prognosen aus dem Strategiepapier bei der Entscheidung über den Lockdown eine maßgebliche Rolle spielten. Allerdings gab es auch im März schon gegenteilige Äußerungen renommierter Wissenschaftler wie die von John Ioannidis, der in einem Artikel vom 17.03.2020 darauf hinwies, dass die bisher verfügbaren Daten solche Szenarien nicht stützen könnten (A fiasco in the making? As the coronavirus pandemic takes hold, we are making decisions without reliable data, StatNews 17.03.2020, https://www.statnews.com/2020/03/17/a-fiasco-in-the-making-as-the-coronavirus-pandemic-takes-hold-we-are-making-decisions-without-reliable-data/). |
Afin de comprendre le contexte de la décision de confinement, un document de stratégie rédigé par le ministère fédéral de l'Intérieur en mars intitulé "Comment nous maîtrisons le COVID-19" est important (le document classifié est désormais accessible au public sur le site Web du ministère fédéral de l'Intérieur https: // www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffnahmungen/2020/corona/szenarienpapier-covid19.html). Dans cet article, dans le pire des cas, plus d'un million de décès étaient prévus pour la seule Allemagne à la fin du mois de mai 2020. Dans ce scénario, le besoin de lits de soins intensifs devrait pour la première fois dépasser le nombre de lits disponibles le 9 avril 2020. La pandémie a été décrite comme le "plus grand défi depuis la fin de la Seconde Guerre mondiale" - ce sont exactement les mots que la chancelière a utilisés dans son discours télévisé du 18 mars 2020, ce qui suggère que les prévisions du document stratégique ont joué un rôle décisif dans la décision sur le confinement. joué. Cependant, en mars, il y avait des déclarations contradictoires de scientifiques renommés tels que John Ioannidis, qui soulignait dans un article du 17 mars 2020 que les données disponibles jusqu'à présent ne pouvaient pas étayer de tels scénarios (Un fiasco en gestation? Comme la pandémie de coronavirus prend tenir, nous prenons des décisions sans données fiables, StatNews 03/17/2020, https://www.statnews.com/2020/03/17/a-fiasco-in-the-making-as-the-coronavirus-pandemic-takes -hold-nous-prenons-des-décisions-sans-données-fiables /). |
Bei beiden Zielen – Verhinderung einer Überlastung des Gesundheitssystems und Minimierung der Infektionen – handelt es sich grundsätzlich um legitime Ziele des Verordnungsgebers, die Verhältnismäßigkeitsprüfung muss aber für jedes Ziel gesondert erfolgen. Dabei ist eine von den übrigen Lockdown-Maßnahmen isolierte Betrachtung des hier zu beurteilenden allgemeinen Kontaktverbotes kaum möglich, aber auch nicht erforderlich, da die Reduzierung von Kontakten die grundlegende Logik des Lockdowns darstellt. Mit einem allgemeinen Kontaktverbot müssen zwangsläufig weitere Maßnahmen wie die Schließung von Einrichtungen einhergehen, da ein allgemeines Kontaktverbot im öffentlichen und privaten Raum bei gleichzeitiger uneingeschränkter Begegnungsmöglichkeit in Kino, Theater, Konzert, in Sporteinrichtungen, in der Gastronomie etc. weitgehend leerliefe. |
Les deux objectifs - prévenir la surcharge du système de santé et minimiser les infections - sont essentiellement des objectifs légitimes du législateur, mais le test de proportionnalité doit être effectué séparément pour chaque objectif. Une prise en compte de l'interdiction générale de contact à apprécier ici indépendamment des autres mesures de confinement n'est guère possible, mais pas non plus nécessaire, car la réduction des contacts représente la logique de base du confinement. Une interdiction générale des contacts doit inévitablement s'accompagner de mesures supplémentaires telles que la fermeture des installations, car une interdiction générale des contacts dans les espaces publics et privés avec des possibilités simultanées illimitées de rencontres au cinéma, au théâtre, en concert, dans les installations sportives, dans les restaurants, etc. serait largement vide. |
2. Da es für die Geeignetheit einer Maßnahme im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung als ausreichend angesehen wird, wenn sie die Zielerreichung in irgendeiner Weise fördert, kann das allgemeine Kontaktverbot als geeignet hinsichtlich beider Ziele angesehen werden, da unbestreitbar die Reduktion von Kontakten grundsätzlich zur Reduktion von Infektionen beitragen kann. (Die Frage der Wirksamkeit von Lockdowns ist damit allerdings noch nicht entschieden.) |
2. Puisqu'il est jugé suffisant pour l'adéquation d'une mesure dans le cadre du test de proportionnalité si elle favorise la réalisation des objectifs de quelque manière que ce soit, l'interdiction générale des contacts peut être considérée comme appropriée au regard des deux objectifs, car il est indéniable que la réduction des contacts réduit fondamentalement les infections peut contribuer. (La question de l'efficacité des confinements n'a pas encore été tranchée.) |
3. Um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, waren allerdings zum Zeitpunkt des Erlasses der 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO, wie bereits unter III. 3. gezeigt, die Verhängung eines allgemeinen Kontaktverbotes und auch sonstige Lockdown-Maßnahmen nicht erforderlich. |
3. Afin d'éviter de surcharger le système de santé, cependant, au moment de l'adoption du 3e règlement de mesure ThürSARS-CoV-2, comme déjà sous III. 3. ont montré que l'imposition d'une interdiction générale de contact et d'autres mesures de confinement ne sont pas nécessaires. |
Da aber dem Verordnungsgeber ein Einschätzungsspielraum einzuräumen ist, stellt sich die Frage, ob die Landesregierung zum Zeitpunkt des Verordnungserlasses im Rahmen ihres Einschätzungsspielraumes zu einer anderen als der hier dargelegten Situationsbewertung kommen und die Anordnung eines Kontaktverbotes (und anderer Maßnahmen) zur Verhinderung einer Überlastung des Gesundheitssystems für erforderlich halten durfte. Dazu ist festzuhalten, dass von dem Verordnungsgeber erwartet werden muss, dass er in Vorbereitung seiner Entscheidungen die ihm zur Verfügung stehenden und durch ihn auswertbaren Erkenntnisquellen nutzt und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse in den Entscheidungsprozess einfließen lässt. Einschätzungsspielraum heißt nicht, dass es dem Verordnungsgeber gestattet wäre, bei widerstreitenden Ansichten und Bewertungen sich ohne Ausschöpfung der eigenen Erkenntnismöglichkeiten "auf eine Seite zu schlagen". Es heißt auch nicht, dass er sich unter Verweis darauf, dass dem Robert Koch-Institut nach § 4 IfSG vom Bundesgesetzgeber eine zentrale Stellung bei der Einschätzung des Infektionsgeschehens zuerkannt worden ist, auf die in den Täglichen Situationsberichten enthaltene zusammenfassende Risikobewertung zurückziehen und allein wegen einer Risikoeinschätzung für die Gesundheit der Bevölkerung als "hoch" bzw. "sehr hoch" einschneidende Maßnahmen für gerechtfertigt halten dürfte. Der Verordnungsgeber trägt die volle Verantwortung für die Verfassungsmäßigkeit der von ihm erlassenen Verordnung und kann diese auch nicht teilweise an das Robert Koch-Institut delegieren. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, muss er sich – soweit nötig, selbstverständlich unter Zuhilfenahme sachkundiger Expertise und Beratung – eigene Sachkunde verschaffen, was vorliegend heißt, dass er sich |
Cependant, étant donné que le législateur doit disposer d'une marge d'appréciation, la question se pose de savoir si le gouvernement de l'État au moment de la promulgation du décret dans le cadre de son champ d'évaluation en vient à une évaluation de la situation différente de celle présentée ici et de l'ordre d'interdiction de contact (et d'autres mesures) pour éviter une surcharge du système de santé pourrait juger nécessaire. En outre, il convient de noter que le législateur doit être censé utiliser les sources de connaissances dont il dispose qui peuvent être évaluées par lui en préparation de ses décisions et intégrer les connaissances acquises dans le processus décisionnel. La portée de l'évaluation ne signifie pas que le législateur serait autorisé à «prendre parti» en cas de divergences de vues et d'évaluations sans épuiser ses propres connaissances. Cela ne signifie pas non plus que, compte tenu du fait que l'Institut Robert Koch s'est vu attribuer une position centrale par le législateur fédéral conformément à l'article 4 IfSG dans l'évaluation de la survenue d'infections, il peut se retirer de l'évaluation récapitulative des risques contenue dans les rapports de situation quotidiens et uniquement en raison L'évaluation des risques pour la santé de la population comme «élevés» ou «très élevés» devrait considérer des mesures drastiques comme justifiées. Le législateur assume l'entière responsabilité de la constitutionnalité de l'ordonnance qu'il a rendue et ne peut en déléguer une partie à l'Institut Robert Koch. Pour être à la hauteur de cette responsabilité, il doit - si nécessaire, bien entendu avec l'aide d'une expertise et de conseils professionnels - acquérir sa propre expertise, ce qui signifie en l'espèce qu'il lui-même |
mit den vom Robert Koch-Institut bereitgestellten Daten und mit Daten aus anderen, ihm zugänglichen Quellen selbst auseinandersetzen muss. |
doit traiter des données fournies par l'Institut Robert Koch et des données provenant d'autres sources qui lui sont accessibles. |
Unter Beachtung dieser Anforderungen ist die Frage, ob der Verordnungsgeber die Verlängerung des Lockdowns als erforderlich zur Abwendung einer Überlastung des Gesundheitssystems erachten durfte, eindeutig mit "Nein" zu beantworten. Dem Verordnungsgeber standen die Daten des Intensivregisters zur Verfügung; unabhängig davon war ihm eine Abfrage der Situation in den Thüringer Kliniken ohne weiteres möglich und wurde sehr wahrscheinlich auch durchgeführt. Auch die oben bereits erläuterten Daten aus den Täglichen Situationsberichten und dem Epidemiologischen Bulletin 17/2020 des Robert Koch-Instituts standen dem Verordnungsgeber zur Verfügung. Die Grafik über den Verlauf der Neuerkrankungen wurde erstmals im Situationsbericht vom 15.04.2020 veröffentlicht, konnte daher vom Verordnungsgeber berücksichtigt werden. Davor hatte das Robert Koch-Institut bereits wochenlang eine Grafik zum Verlauf der Neuerkrankungen veröffentlicht, die zwar weniger genau war, weil in ihr bei den Fällen, bei denen der Erkrankungsbeginn nicht bekannt war, keine Schätzung des Erkrankungsbeginns vorgenommen, sondern ersatzweise das Meldedatum verwendet wurde (z. B. Täglicher Situationsbericht vom 01.04.2020, S. 4, Abb. 3), aber auch dieser Grafik war zu entnehmen, dass der Höhepunkt der Neuerkrankungen bereits Mitte März erreicht war. Die am 15.04.2020 veröffentlichte Grafik kam daher keinesfalls überraschend, sondern entsprach ziemlich genau dem, was bereits wochenlang in den Situationsberichten zum Verlauf der Neuerkrankungen veröffentlicht wurde. Der Verordnungsgeber konnte danach wissen, dass die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland bereits seit Mitte März sank. Es gab danach für ihn keinen Grund für die Annahme, es könnte doch noch eine Welle von COVID-19-Patienten auf die Thüringer Kliniken zukommen. Dafür hätte es eine Trendumkehr geben müssen, für die es keinerlei Anhaltspunkte gab. |
Compte tenu de ces exigences, la question de savoir si le législateur était autorisé à considérer la prolongation du confinement comme nécessaire pour éviter une surcharge du système de santé doit être résolue par un «non» clair. Les données du registre des soins intensifs étaient à la disposition de l'autorité de régulation; Indépendamment de cela, il a pu interroger sans plus tarder la situation dans les cliniques de Thuringe et a très probablement été exécuté. Les données des rapports de situation quotidiens et du bulletin épidémiologique 17/2020 de l'Institut Robert Koch déjà expliqués ci-dessus étaient également à la disposition des prescripteurs. Le graphique de l'évolution des nouvelles maladies a été publié pour la première fois dans le rapport de situation du 15 avril 2020, et a donc pu être pris en compte par l'autorité de régulation. Auparavant, l'Institut Robert Koch avait publié un graphique sur l'évolution des nouveaux cas pendant des semaines, ce qui était moins précis car il n'évaluait pas le début de la maladie dans les cas où l'apparition de la maladie n'était pas connue, mais utilisait plutôt la date de déclaration. (exemple: rapport de situation quotidien du 1er avril 2020, p. 4, figure 3), mais ce graphique montre également que le pic de nouveaux cas a été atteint à la mi-mars. Le graphique publié le 15 avril 2020 n'était donc nullement surprenant, mais correspondait assez bien à ce qui avait été publié depuis des semaines dans les rapports de situation sur l'évolution des nouveaux cas. Le régulateur pouvait alors savoir que le nombre de nouvelles infections en Allemagne était en baisse depuis la mi-mars. Après cela, il n'y avait aucune raison pour lui de croire qu'une vague de patients COVID-19 pourrait encore venir dans les cliniques de Thuringe. Pour cela, il aurait dû y avoir un renversement de tendance, pour lequel il n'y avait aucune preuve. |
Der Verordnungsgeber konnte aus den Daten des Robert Koch-Instituts auch erkennen, dass es keine Hinweise auf die Wirksamkeit des am 22. März beschlossenen Lockdowns gab, so dass für den Fall der Aufhebung des Lockdowns auch nicht mit einem erneuten Anstieg der Infektionen zu rechnen war. Schließlich war für den Verordnungsgeber auch ohne weiteres erkennbar, dass selbst für den Fall eines – entgegen den sich aus dem bisherigen Verlauf der Epidemie ergebenden Erwartungen – erneuten Anstieges der Neuinfektionen aufgrund der enormen Zahl freier Betten (528 freie Intensivbetten bei 56 COVID-19-Patienten am 16. April) noch ausreichend Zeit bliebe, um auf die veränderte Situation zu reagieren. Es gab also auch bei einem ungeachtet der klaren Datenlage verbliebenen Misstrauen hinsichtlich der Stabilität der Entwicklung keinen Grund für eine vorsorgliche Verlängerung des Lockdowns. Und nicht zuletzt hätte es der Landesregierung zu denken geben und das Vertrauen in die eigene Bewertung der Situation stärken müssen, dass sich Schreckensszenarien wie die aus dem Strategiepapier des Bundesinnenministeriums vom März ganz offensichtlich als science fiction erwiesen hatten. |
Le régulateur a également pu voir à partir des données de l'Institut Robert Koch qu'il n'y avait aucune preuve de l'efficacité du confinement décidé le 22 mars, de sorte que si le confinement était levé, une nouvelle augmentation des infections n'était pas à prévoir. . Enfin, il était également évident pour le législateur que même en cas de nouvelle augmentation des nouvelles infections - contrairement aux attentes résultant de l'évolution précédente de l'épidémie - en raison du nombre énorme de lits gratuits (528 lits de réanimation gratuits chez 56 patients COVID-19 le 16 avril), il y aurait encore suffisamment de temps pour réagir au changement de situation. Même s'il y avait encore un manque de confiance dans la stabilité du développement malgré la situation claire des données, il n'y avait aucune raison pour une prolongation de précaution du confinement. Enfin, il aurait dû donner matière à réflexion au gouvernement de l'État et renforcer la confiance dans sa propre évaluation de la situation selon laquelle des scénarios d'horreur comme celui du document stratégique du ministère fédéral de l'Intérieur de mars s'étaient clairement révélés être de la science-fiction. |
4. Soweit die Minimierung der Infektionen als eigenständiges Ziel, unabhängig von der Frage, ob eine Überlastung des Gesundheitssystems drohte, verfolgt wurde, ist das Kontaktverbot in Bezug auf dieses Ziel als erforderlich anzusehen, da ohne ein Kontaktverbot die Erreichung des Ziels nicht in gleicher Weise gefördert werden konnte. Es ist aber nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. |
4. Dans la mesure où la minimisation des infections a été recherchée comme un objectif indépendant, indépendamment de la question de savoir s'il y avait une menace de surcharge du système de santé, l'interdiction des contacts doit être considérée comme nécessaire au regard de cet objectif, car sans une interdiction de contact, l'objectif ne peut être atteint de la même manière pourrait être financé. Mais ce n'est pas proportionné au sens strict. |
a. Für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sind der Nutzen der Maßnahmen und die Kosten, die sich aus den Freiheitseinschränkungen und ihren Kollateralschäden und Folgekosten zusammensetzen, gegeneinander abzuwägen. Dafür müssen die Vorteile und die Nachteile beschrieben, gewichtet und bewertet werden (Murswiek, Verfassungsrechtliche Probleme der Corona-Bekämpfung. Stellungnahme für die Enquete-Kommission 17/2 "Corona-Pandemie" des Landtags Rheinland-Pfalz, S. 24, https://dokumente.landtag.rlp.de/landtag/vorlagen/2-12-17.pdf). |
une. Pour examiner la proportionnalité au sens plus étroit, les avantages des mesures et les coûts, qui sont constitués des restrictions à la liberté et de leurs dommages collatéraux et coûts consécutifs, doivent être mis en balance les uns par rapport aux autres. Pour cela, les avantages et inconvénients doivent être décrits, pondérés et évalués (Murswiek, Constitutional Problems of Combating Corona. Opinion for the Enquete Commission 17/2 "Corona pandemic" of the Landtag Rhénanie-Palatinat, p. 24, https: / /dokumente.landtag.rlp.de/landtag/vorlagen/2-12-17.pdf). |
b. Als Nutzen des Lockdowns wäre die Zahl der verhinderten COVID-19-Todesfälle und schweren Erkrankungen anzusehen, wobei, präzise formuliert, nach dem Nutzen zu fragen ist, den der Verordnungsgeber zum Zeitpunkt des Verordnungserlasses am 18.04.2020 unter Berücksichtigung seines Einschätzungsspielraumes berechtigterweise erwarten durfte. Hierzu ist erneut darauf zu verweisen, dass der Verordnungsgeber wissen musste, dass die Zahl der Neuinfektionen bereits seit Mitte März sank, dass die effektive Reproduktionszahl seit Beginn des Lockdowns am 23.03.2020 um den Wert 1 schwankte und ein positiver Effekt des bereits dreieinhalb Wochen andauernden Lockdowns nicht erkennbar war. Auch die Grafik betreffend den Verlauf der Neuerkrankungen zeigte eine nahezu gleichmäßig abfallende Kurve ohne erkennbare Stufung, so dass auch an ihr ein Effek |
b. Le bénéfice du confinement serait le nombre de décès et de maladies graves évités par COVID-19, par lequel, formulée précisément, la question doit être posée sur le bénéfice que le législateur pourrait légitimement attendre au moment du décret du 18 avril 2020, compte tenu de son périmètre d'évaluation. Il faut rappeler à nouveau que le régulateur devait savoir que le nombre de nouvelles infections est en baisse depuis mi-mars, que le nombre effectif de reproductions a fluctué autour de 1 depuis le début du confinement le 23 mars 2020 et un effet positif qui a déjà duré trois semaines et demie Les confinements étaient indétectables. Le graphique relatif à l'évolution des nouveaux cas a également montré une courbe presque uniformément inclinée sans gradation discernable, de sorte qu'elle a également eu un effet |
t des Lockdowns nicht ablesbar war. Dafür, dass die Zahl der Neuerkrankungen durch die Verlängerung des Lockdowns mit der Verordnung vom 18.04.2020 signifikant beeinflusst werden könnte, gaben die Daten des Robert Koch-Instituts keinerlei Anhaltspunkte. Der Verordnungsgeber konnte somit allenfalls eine sehr geringfügige Reduzierung der Zahl der Neuerkrankungen (und damit der Todesfälle) erwarten. Tatsächlich zeigte die Fortschreibung der Kurve der Neuerkrankungen in den Täglichen Situationsberichten dann auch nach dem 18.04.2020 keinen erkennbaren Effekt der Verlängerung des Lockdowns. |
t du confinement n'a pas pu être lu. Les données de l'Institut Robert Koch n'indiquent pas que le nombre de nouveaux cas pourrait être significativement influencé par la prolongation du confinement avec le règlement du 18 avril 2020. Le législateur pouvait donc s'attendre à une très légère réduction du nombre de nouveaux cas (et donc de décès). En fait, la mise à jour de la courbe des nouveaux cas dans les rapports de situation quotidiens n'a montré aucun effet notable de la prolongation du confinement même après le 18 avril 2020. |
Dass der Lockdown seit dem 23. März keinen messbaren Effekt hatte, ist auch insofern nicht überraschend, als die WHO erst in einer im Oktober 2019 veröffentlichten Metastudie zur Wirksamkeit von sog. nicht-pharmazeutischen Interventionen (non-pharmaceutical interventions = NPI) bei Influenzaepidemien zu dem Ergebnis kam, dass es für die Wirksamkeit sämtlicher untersuchter Maßnahmen (Arbeitsstättenschließungen, Quarantäne, social distancing u.d.) nur geringe oder gar keine Evidenz gebe (Non-pharmaceutical public health measures for mitigating the risk and impact of epidemic and pandemic influenza, https://www.who.int/influenza/publications/public_health_measures/publication/en/). Ob diese Studie von der Bundesregierung oder der Landesregierung vor der Entscheidung über den Lockdown zur Kenntnis genommen wurde, ist dem Gericht nicht bekannt, angesichts der Folgenschwere der Entscheidung konnte aber erwartet werden, dass die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Lockdowns bzw. NPIs ausgewertet werden. |
Le fait que le confinement n'ait pas eu d'effet mesurable depuis le 23 mars n'est pas surprenant, car l'OMS ne l'a admis que dans une méta étude publiée en octobre 2019 sur l'efficacité des interventions dites non pharmaceutiques (IPN) dans les épidémies de grippe. Le résultat a été qu'il y avait peu ou pas de preuves de l'efficacité de toutes les mesures étudiées (fermetures de lieux de travail, quarantaine, distanciation sociale, etc.) (Mesures de santé publique non pharmaceutiques pour atténuer le risque et l'impact de la grippe épidémique et pandémique, https: / /www.who.int/influenza/publications/public_health_measures/publication/en/). Le tribunal ne sait pas si cette étude a été notée par le gouvernement fédéral ou le gouvernement de l'État avant la décision de confinement, mais étant donné la gravité des conséquences de la décision, on pouvait s'attendre à ce que les connaissances scientifiques disponibles sur les confinements ou les INP soient évaluées. |
Inzwischen gibt es mehrere wissenschaftliche Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass die in der Corona-Pandemie in verschiedenen Ländern angeordneten Lockdowns nicht mit einer signifikanten Verringerung von Erkrankungs- und Todeszahlen verbunden waren. Eine im August in der Fachzeitschrift EClinicalMedicine veröffentlichte Beobachtungsstudie (Chaudhry, A country level analysis measuring the impact of government actions, country preparedness and socioeconomic factors on COVID-19 mortality and related health outcomes, https://www.thelancet.com/action/showPdf?pii=S2589-5370%2820%2930208-X), in der die 50 Länder mit den meisten registrierten Fällen von COVID-19 zum Stichtag 01.04.2020 untersucht und Daten aus öffentlich zugänglichen Zahlen für den Zeitraum 01.04. bis 01.05.2020 ausgewertet wurden, kam zu dem Ergebnis, dass die Faktoren, die am stärksten mit der Zahl der COVID-19-Todesfälle in einem Land korrelieren, die Adipositasrate, das Durchschnittsalter der Bevölkerung und das Ausmaß der Einkommensunterschiede sind. Zwischen der Schwere und Dauer der Lockdowns und der Zahl der COVID-19-Todesfälle, zwischen Grenzschließungen und COVID-19-Todesfällen und zwischen durchgeführten Massentests und COVID-19-Todesfällen konnte dagegen keine Korrelation festgestellt werden, was für fehlende oder jedenfalls nur schwache Kausalität spricht. Diese Ergebnisse wurden durch eine im November veröffentlichte Studie (De Larochelambert, Covid-19 Mortality: A Matter of Vulnerability Among Nations Facing Limited Margins of Adaptation, https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpubh.2020.604339/full), in welcher für 160 Länder der Einfluss verschiedenster Faktoren auf die Anzahl der COVID-19-Todesfälle untersucht wurde, und zuletzt durch eine Studie von Bendavid/Ioannidis bestätigt (Bendavid/Ioannidis, Assessing mandatory stay-at-home and business closure effects on the spread of COVID-19, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/eci.13484; Hinweise auf weitere Studien bei Kuhbandner, Warum die Wirksamkeit des Lockdowns wissenschaftlich nicht bewiesen ist). |
Il y a maintenant plusieurs études scientifiques qui arrivent à la conclusion que les confinements ordonnés dans divers pays pendant la pandémie corona n'étaient pas associés à une réduction significative du nombre de maladies et de décès. Une étude observationnelle publiée en août dans la revue EClinicalMedicine (Chaudhry, Une analyse au niveau national mesurant l'impact des actions gouvernementales, la préparation du pays et les facteurs socio-économiques sur la mortalité COVID-19 et les résultats de santé associés, https://www.thelancet.com/action/ showPdf? pii = S2589-5370% 2820% 2930208-X), dans lequel les 50 pays avec le plus grand nombre de cas enregistrés de COVID-19 au 1er avril 2020 sont examinés et des données issues de chiffres accessibles au public pour la période du 1er avril. 2020, est arrivé à la conclusion que les facteurs les plus corrélés avec le nombre de décès par COVID-19 dans un pays sont le taux d'obésité, l'âge moyen de la population et l'ampleur de l'écart de revenu. En revanche, aucune corrélation n'a pu être établie entre la gravité et la durée des confinements et le nombre de décès liés au COVID-19, entre les fermetures de frontières et les décès au COVID-19 et entre les tests de masse effectués et les décès au COVID-19, ce qui signifie qu'il n'y a pas ou du moins une faible causalité. parle. Ces résultats ont été soutenus par une étude publiée en novembre (De Larochelambert, Covid-19 Mortality: A Matter of Vulnerability Among Nations Facing Limited Margins of Adaptation, https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpubh.2020.604339/full) , dans lequel l'influence de divers facteurs sur le nombre de décès dus au COVID-19 a été examinée pour 160 pays, et plus récemment confirmée par une étude de Bendavid / Ioannidis (Bendavid / Ioannidis, Assessing obligatoire stay-at-home and business closed effects on the propagation du COVID-19, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/eci.13484; références à d'autres études à Kuhbandner, pourquoi l'efficacité du confinement n'a pas été scientifiquement prouvée). |
Auch der im November zunächst nur für einen Monat ("Wellenbrecherlockdown") angeordnete und inzwischen zweimal verlängerte Lockdown erbringt offensichtlich noch einmal den Beweis, dass sich mit Lockdowns das Infektionsgeschehen und insbesondere die Zahl der tödlich verlaufenden Fälle nicht signifikant beeinflussen lässt. Nach dem aktuellen Thesenpapier der Autorengruppe um Schrappe (Thesenpapier 7 vom 10.01.2021, S. 5, 24f, http://www.matthias.schrappe.com/index_htm_files/Thesenpap7_210110_endfass.pdf) ist die Lockdown-Politik gerade für die vulnerablen Gruppen, für die COVID-19 die größte Gefahr darstellt, wirkungslos. Zu demselben Ergebnis kommt auch der bereits erwähnte CoDAG-Bericht Nr. 4 des Instituts für Statistik der LMU München. |
Le confinement, initialement ordonné pour un mois ("breakwater lockdown") et désormais prolongé à deux reprises, prouve à nouveau clairement que les lockdown n'influencent pas significativement le processus d'infection et surtout le nombre de cas mortels. Selon le document de thèse actuel du groupe d'auteurs Schrappe (mémoire 7 du 10 janvier 2021, p. 5, 24f, http://www.matthias.schrappe.com/index_htm_files/Thesenpap7_210110_endfass.pdf), la politique de confinement est particulièrement pour les groupes vulnérables , pour lequel COVID-19 est le plus grand danger, n'a aucun effet. Le rapport CoDAG n ° 4 déjà mentionné de l'Institut de statistique du LMU Munich arrive à la même conclusion. |
c. Hinsichtlich der Kosten des Lockdowns ist zunächst erneut festzuhalten, dass es sich bei den mit dem Lockdown verbundenen Freiheitseinschränkungen um die umfassendsten und weitreichendsten Grundrechtseinschränkungen in der Geschichte der Bundesrepublik handelte. Schon daraus ergibt sich, dass die Freiheitseinschränkungen ein so großes Gewicht haben, dass sie allenfalls dann gerechtfertigt sein können, wenn die Gefahr, deren Bekämpfung sie dienten, ganz außergewöhnlich groß war (Murswiek, aaO, S. 33) und durch die Maßnahmen des Lockdowns z |
c. En ce qui concerne les coûts du confinement, il convient tout d'abord de noter à nouveau que les restrictions à la liberté associées au confinement ont été les restrictions les plus complètes et les plus profondes aux droits fondamentaux de l'histoire de la République fédérale. Cela montre déjà que les restrictions à la liberté sont si importantes qu'elles peuvent au mieux être justifiées si le danger qu'elles ont été utilisées pour combattre était exceptionnellement grand (Murswiek, op. Cit., P. 33) et par les mesures de confinement z |
ugleich ein großer positiver Effekt erwartet werden konnte, was aber nach dem Gesagten nicht der Fall war. |
Dans le même temps, on pouvait s'attendre à un grand effet positif, mais ce n'était pas le cas après ce qui a été dit. |
Zu der unmittelbaren Wirkung der Freiheitseinschränkungen kommen die Kollateralschäden und Folgeschäden hinzu. Diese lassen sich (vgl. Murswiek, aaO, S. 33-38) wie folgt differenzieren: |
Outre l'effet immédiat des restrictions à la liberté, il y a aussi des dommages collatéraux et des dommages consécutifs. Ceux-ci peuvent être différenciés (voir Murswiek, loc. Cit., P. 33-38) comme suit: |
aa) Ökonomisch bewertbare Schäden |
aa) Dommages évaluables économiquement |
(1) Gewinneinbußen/Verluste von Unternehmen/Handwerkern/Freiberuflern, die unmittelbare Folgen der an sie adressierten Freiheitseinschränkungen sind |
(1) Les pertes de bénéfices / pertes des entreprises / artisans / indépendants, qui sont les conséquences directes des restrictions de liberté qui leur sont adressées |
(2) Gewinneinbußen/Verluste von Unternehmen/Handwerkern/Freiberuflern, die mittelbare Folgen der Lockdown-Maßnahmen sind (z.B. Gewinneinbußen von Zulieferern von unmittelbar betroffenen Unternehmen; Gewinneinbußen, die aus der Unterbrechung von Lieferketten resultieren und z.B. zu Produktionsausfällen führten; Gewinneinbußen, die aus Reisebeschränkungen resultierten) |
(2) Perte de bénéfices / pertes d'entreprises / artisans / indépendants qui sont des conséquences indirectes des mesures de confinement (par exemple, perte de profit des fournisseurs des entreprises directement concernées; perte de profit résultant de l'interruption des chaînes d'approvisionnement et, par exemple, entraînant des arrêts de production; perte de profit résultant de Des restrictions de voyage ont résulté) |
(3) Lohn- und Gehaltseinbußen durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit |
(3) Perte de salaires et traitements en raison du chômage partiel ou du chômage |
(4) Konkurse/Existenzvernichtungen |
(4) Faillites / Destruction de l'existence |
(5) Folgekosten von Konkursen/Existenzvernichtungen |
(5) Coûts de suivi des faillites / destruction des moyens de subsistance |
Dazu mit Murswiek (aaO, S. 33f): "Die meisten dieser Schäden werden sich ziemlich genau ermitteln lassen. Sie sind insgesamt mit Sicherheit gigantisch. Eine Vorstellung von ihrer Größenordnung erhält man, wenn man sich vor Augen hält, welche Summen der Staat als Corona-Hilfen in den Wirtschaftskreislauf einspeist. So umfasst der von der Bundesregierung beschlossene "Corona-Schutzschild" 353,3 Mrd. Euro Zuschüsse und zusätzlich 819,7 Mrd. Euro Garantien, also insgesamt über 1 Billion Euro. Es handelt sich, wie die Bundesregierung sagt, um das größte Hilfspaket in der Geschichte Deutschlands. Hinzu kommen Hilfen der Länder. Da die staatlichen Hilfen großenteils Kredite beziehungsweise Kreditgarantien umfassen, stehen ihnen nicht notwendigerweise entsprechend hohe Verluste der privaten Wirtschaft gegenüber. Andererseits werden die privaten Verluste jedenfalls wesentlich größer sein als die staatlichen Entschädigungen oder als verlorene Zuschüsse gezahlten Hilfsgelder. Noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschlands sind wirtschaftliche Schäden in dieser Größenordnung durch eine staatliche Entscheidung verursacht worden. Was die Bewertung der Schäden der Privatwirtschaft und der privaten Haushalte angeht, so muss berücksichtigt werden, dass die Einbußen zum Teil durch staatliche Leistungen kompensiert worden sind oder noch kompensiert werden. Die staatlichen Leistungen vermindern also den ökonomischen Schaden der privaten Wirtschaftssubjekte. Sie vermindern aber nicht den volkswirtschaftlichen Gesamtschaden, denn sie belasten ja die öffentlichen Haushalte und somit letztlich die Steuerzahler. Diese Kosten dürfen bei der Berechnung der Nachteile des Lockdown nicht unter den Tisch fallen." |
Sur ceci avec Murswiek (op. Cit., P. 33f): "La plupart de ces dommages peuvent être déterminés assez précisément. Dans l'ensemble, ils sont certainement gigantesques. Vous pouvez avoir une idée de leur ampleur si vous considérez les sommes d'argent que l'Etat considère L'aide Corona alimente le cycle économique. Le «bouclier de protection Corona» décidé par le gouvernement fédéral comprend 353,3 milliards d'euros de subventions et 819,7 milliards d'euros supplémentaires de garanties, soit un total de plus de 1 billion d'euros Le gouvernement fédéral déclare qu'il s'agira du programme d'aide le plus important de l'histoire de l'Allemagne. En outre, il y aura des aides des États fédéraux. Étant donné que les aides d'État comprennent en grande partie des prêts ou des garanties de prêts, elles ne sont pas nécessairement compensées par des pertes proportionnellement élevées dans le secteur privé. En revanche, les pertes privées seront de toute façon nettement supérieures Une compensation de l’État ou une aide financière versée sous forme de subventions perdues. Dans l'histoire de la République fédérale d'Allemagne, des dommages économiques de cette ampleur ont été causés par une décision de l'État. En ce qui concerne l'évaluation des dommages causés au secteur privé et aux ménages privés, il faut tenir compte du fait que les pertes ont été partiellement compensées par des prestations de l'État ou sont toujours en cours de réparation. Les prestations de l'Etat réduisent ainsi les dommages économiques subis par les agents économiques privés. Cependant, ils ne réduisent pas les dommages économiques globaux, car ils pèsent sur les budgets publics et donc en fin de compte sur les contribuables. Ces coûts ne doivent pas être ignorés lors du calcul des inconvénients du confinement. " |
bb) Leben und Gesundheit der Menschen in Deutschland |
bb) Vie et santé des personnes en Allemagne |
(1) die Zunahme häuslicher Gewalt gegen Kinder und Frauen |
(1) l'augmentation de la violence domestique contre les enfants et les femmes |
(2) Zunahme von Depressionen infolge sozialer Isolation |
(2) Augmentation de la dépression due à l'isolement social |
(3) Angst-Psychosen/Angst-Störungen infolge Corona-Angst |
(3) Psychoses anxieuses / troubles anxieux résultant de la peur corona |
(4) andere psychische Störungen/nervliche Überlastung wegen familiärer/persönlicher/beruflicher Probleme infolge des Lockdown |
(4) autres troubles mentaux / surcharge nerveuse dus à des problèmes familiaux / personnels / professionnels à la suite du confinement |
(5) Zunahme von Suiziden, beispielsweise infolge von Arbeitslosigkeit oder Insolvenz |
(5) Augmentation des suicides, par exemple à la suite d'un chômage ou d'une faillite |
(6) gesundheitliche Beeinträchtigungen infolge von Bewegungsmangel |
(6) Troubles de la santé dus à un manque d'exercice |
(7) Unterlassung von Operationen und stationären Behandlungen, weil Krankenhausbetten für Coronapatienten reserviert wurden |
(7) Omission d'opérations et traitement hospitalier car les lits d'hôpitaux ont été réservés aux patients corona |
(8) Unterlassung von Operationen, stationären Behandlungen, Arztbesuchen, weil Patienten Infizierung mit Covid-19 befürchten |
(8) Abstenez-vous des opérations, du traitement hospitalier, des visites chez le médecin parce que les patients craignent d'être infectés par Covid-19 |
Diese Folgen hätten vor der Entscheidung über den Lockdown jedenfalls grob abgeschätzt werden müssen. Für die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist es vorliegend ausreichend, wenn zur Erläuterung einzelne Schlaglichter geworfen werden: |
Dans tous les cas, ces conséquences auraient dû être grossièrement estimées avant la décision de confinement. Pour le test de proportionnalité, il suffit dans le cas présent si des faits saillants individuels sont jetés pour l'explication: |
Zu (1): Für Berlin wurde durch die Senatsverwaltung für das erste Halbjahr 2020 ein Anstieg der Kindesmisshandlungen um 23% berichtet (Gewalt eskaliert in Berlin immer häufiger. Der Tagesspiegel vom 02.07.2020, https://www.tagesspiegel.de/berlin/corona-krise-trifft-frauen-und-kinder-besonders-gewalt-eskaliert-in-berlin-immer-haeufiger/25970410.html). Laut einer repräsentativen Befragungstudie (Steinert/Ebert, Gewalt an Frauen und Kindern in Deutschland während COVID-19-bedingten Ausgangsbeschränkungen, |
Concernant (1): Pour Berlin, le département du Sénat a signalé une augmentation de 23% de la maltraitance des enfants au premier semestre 2020 (la violence s'intensifie de plus en plus fréquemment à Berlin. Der Tagesspiegel du 2 juillet 2020, https://www.tagesspiegel.de/berlin /corona-krise-trifft-frauen-und-kinder-besonders-gewalt-eskaliert-in-berlin-immer-haeufiger/25970410.html). Selon une étude représentative (Steinert / Ebert, violence contre les femmes et les enfants en Allemagne lors des restrictions de sortie liées au COVID-19, |
https://drive.google.com/file/d/19Wqpby9nwMNjdgO4_FCqqlfYyLJmBn7y/view) wurden in der Zeit des Lockdowns im Frühjahr rund 3 Prozent der Frauen in Deutschland zu Hause Opfer körperlicher Gewalt, 3,6 Prozent wurden von ihrem Partner vergewaltigt, in 6,5 Prozent aller Haushalte wurden Kinder gewalttätig bestraft. |
https://drive.google.com/file/d/19Wqpby9nwMNjdgO4_FCqqlfYyLJmBn7y/view) environ 3% des femmes en Allemagne ont été victimes de violences physiques à la maison lors du confinement au printemps, 3,6% ont été violées par leur partenaire en Les enfants ont été violemment punis dans 6,5% de tous les ménages. |
Zu (5): Die Zahl der Suizide, die in Deutschland statistisch erfasst wird, liegt für das Jahr 2020 zwar noch nicht vor, einen Hinweis auf einen möglicherweise erheblichen Anstieg der Suizide gibt aber folgende Mitteilung der Senatsinnenverwaltung Berlin: Bis Oktober gab es bei der Berliner Feuerwehr unter dem Stichwort "Beinahe Strangulierung/ Erhängen, jetzt wach mit Atembeschwerden" (Einsatzcode 25D03) 294 Einsätze, im Jahr 2018 gab es dagege |
Re (5): Le nombre de suicides enregistrés statistiquement en Allemagne n'est pas encore disponible pour 2020, mais le message suivant de l'Administration intérieure du Sénat de Berlin donne une indication d'une augmentation peut-être significative des suicides: Jusqu'en octobre, le Pompiers de Berlin sous le mot-clé "Presque étrangler / pendre, maintenant réveillé avec difficulté à respirer" (code 25D03) 294 missions, en 2018 il y avait cependant |
n nur sieben und im Jahr 2019 nur drei solcher Einsätze (Möglicher Suizid: Zahl der Rettungseinsätze steigt massiv an. Berliner Zeitung vom 10.11.2020, htttps://www.berliner-zeitung.de/news/berliner-feuerwehr-zahl-der-einsaetze-wegen-moeglichem-suiziden-steigt-massiv-an-li.117723) |
n seulement sept et seulement trois opérations de ce type en 2019 (suicide possible: le nombre d'opérations de sauvetage augmente massivement. Berliner Zeitung du 10 novembre 2020, htttps: //www.berliner-zeitung.de/news/berliner-feuerwehr-zahl-der -Emissions-en-raison-d'un-suicide-possible-augmente-massivement-li.117723) |
Zu (7): Während des Lockdowns im Frühjahr wurden in Deutschland mehr als 908.000 Operationen abgesagt, und zwar nicht nur sog. elektive Operationen wie die Implantation von Kniegelenks- und Hüftgelenksendoprothesen, Kniegelenksarthroskopien, Katarakt-Operationen u.ä., sondern auch 52.000 Krebs-Operationen (In Deutschland wurden fast eine Million Operationen abgesagt. WELT v. 29.05.2020, https://www.welt.de/wirtschaft/article208557665/Wegen-Corona-In-Deutschland-wurden-908-000-OPs-aufgeschoben.html). Laut einer im British Medical Journal im November veröffentlichten Meta-Analyse (Hanna, Mortality due to cancer treatment delay: systematic review and meta-analysis, BMJ 2020, 371, https://www.bmj.com/content/371/bmj.m4087) erhöht bereits eine vierwöchige Verschiebung einer Krebstherapie das Sterberisiko je nach Krebsart um sechs bis 13 Prozent, ein Aufschub von acht Wochen bei Brustkrebs das Sterberisiko um 13 Prozent, ein Aufschub um zwölf Wochen um 26 Prozent. Ohne dies hier näher beziffern zu können, kann danach kein Zweifel daran bestehen, dass die Absage von Operationen auch in Deutschland zu Todesfällen geführt hat. |
À (7): Lors du confinement au printemps, plus de 908000 opérations ont été annulées en Allemagne, non seulement des opérations dites électives telles que l'implantation de prothèses d'articulation du genou et de la hanche, l'arthroscopie de l'articulation du genou, les opérations de la cataracte, etc., mais aussi 52000 cancers -Operationen (En Allemagne, près d'un million d'opérations ont été annulées. WELT du 29 mai 2020, https://www.welt.de/wirtschaft/article208557665/Wegen-Corona-In-Deutschland-wurden-908-000-OPs- reporté .html). Selon une méta-analyse publiée dans le British Medical Journal en novembre (Hanna, Mortality due to cancer treatment delay: systématique review and meta-analysis, BMJ 2020, 371, https://www.bmj.com/content/371/bmj. m4087), un report de quatre semaines du traitement anticancéreux augmente le risque de décès de 6 à 13%, selon le type de cancer, un report de huit semaines pour le cancer du sein augmente le risque de décès de 13% et un report de 12 semaines de 26%. Sans pouvoir quantifier cela ici, nul doute que l'annulation des opérations a également entraîné des décès en Allemagne. |
Zu (8): In einer Studie des Klinikums Hochrhein Waldshut-Tiengen (Kortüm, Corona-Independent Excess Mortality Due to Reduced Use of Emergency Medical Care in the Corona Pandemic: A Population-Based Observational Study, https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.10.27.20220558v1) wurde die Übersterblichkeit im Landkreis Waldshut (170.000 Einwohner) im April 2020 untersucht. Dort starben im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 im April 165 Menschen, 2020 waren es 227, was einer Übersterblichkeit von 37 Prozent entspricht. Von den 62 zusätzlichen Todesfällen ließen sich aber nur 34 mit Corona in Verbindung bringen, 28 und damit 45% der Übersterblichkeit gingen auf andere Todesursachen zurück. Die Studienautoren führen diese Fälle auf die reduzierte Nutzung medizinischer Notfallstrukturen zurück, wofür auch spricht, dass mehr als doppelt so viele Menschen als im Vergleichsdurchschnitt tot alleine zu Hause aufgefunden wurden. Ähnliche Untersuchungen für andere Regionen Deutschlands fehlen. Kuhbandner hat aber mit einer Gegenüberstellung der Anzahl der Todesfälle in Deutschland im Zeitraum 1.-47. Kalenderwoche mit dem Durchschnitt der Jahre 2016-2019 und der Anzahl der mit oder am SARS-CoV-2-Virus verstorbenen Personen gezeigt, dass nur 51,1 % der Übersterblichkeit auf mit oder am SARS-CoV-2-Virus verstorbene Personen zurückgeht (Kuhbandner, Über die ignorierten Kollateralschäden von Lockdowns, https://www.heise.de/tp/features/Ueber-die-ignorierten-Kollateralschaeden-von-Lockdowns-4993947.html?seite=all). Dies bedeutet zwar nicht, dass sämtliche anderen Übersterblichkeitstodesfälle als Kollateralschäden des Lockdowns gewertet werden könnten, insbesondere die starke Übersterblichkeit in der 33. Kalenderwoche ist vermutlich auf eine Hitzewelle zurückzuführen. Dennoch geben diese Zahlen einen deutlichen Hinweis auf Todesfälle, die auf unterbliebene oder verspätete Inanspruchnahme medizinischer Versorgung aus Angst vor Corona-Infektionen zurückzuführen sind. |
À (8): Dans une étude de la clinique Hochrhein Waldshut-Tiengen (Kortüm, Corona-Independent Excess Mortality due to Reduced Use of Emergency Medical Care in the Corona Pandemic: A Population-Based Observationational Study, https: //www.medrxiv. org / content / 10.1101 / 2020.10.27.20220558v1), la surmortalité dans le district de Waldshut (170000 habitants) a été examinée en avril 2020. En moyenne, 165 personnes y sont mortes en avril de 2016 à 2019; en 2020, il y en avait 227, ce qui correspond à une surmortalité de 37%. Sur les 62 décès supplémentaires, seuls 34 pouvaient être associés à Corona, 28 et donc 45% de la surmortalité étaient dus à d'autres causes de décès. Les auteurs de l'étude attribuent ces cas à l'utilisation réduite des structures médicales d'urgence, qui est également étayée par le fait que plus de deux fois plus de personnes ont été retrouvées mortes seules à la maison que la moyenne comparative. Il n'y a pas d'études similaires pour d'autres régions d'Allemagne. Avec une comparaison du nombre de décès en Allemagne au cours de la période 1.-47. La semaine civile avec la moyenne des années 2016-2019 et le nombre de personnes décédées avec ou du virus SRAS-CoV-2 montre que seulement 51,1% de la surmortalité est due aux personnes décédées avec ou du virus SRAS-CoV-2 ( Kuhbandner, À propos des dommages collatéraux ignorés des confinements, https://www.heise.de/tp/features/Ueber-die-ignorierten-Kollateralschaeden-von-Lockdowns-4993947.html?seite=all). Cela ne signifie pas que tous les autres décès surmortalité peuvent être comptés comme des dommages collatéraux du confinement, en particulier la surmortalité élevée au cours de la 33e semaine civile est probablement due à une vague de chaleur. Néanmoins, ces chiffres donnent une indication claire des décès qui peuvent être attribués à la non-utilisation ou à l'utilisation retardée des soins médicaux par peur des infections corona. |
cc) Ideelle Schäden |
cc) Dommages non matériels |
(1) Bildungseinbußen und Beeinträchtigung der psychosozialen Entwicklung von Kindern durch Ausfall oder Einschränkungen des Schulunterrichts bzw. der Schließung anderer Bildungseinrichtungen |
(1) Perte d'éducation et altération du développement psychosocial des enfants en raison de l'absence ou de la limitation des cours scolaires ou de la fermeture d'autres établissements d'enseignement |
(2) Verlust an kulturellen Anregungen/Erlebnissen durch Schließung von Theatern, Konzert- oder Opernhäusern und vielen anderen kulturellen Einrichtungen |
(2) Perte de stimuli / d'expériences culturelles en raison de la fermeture de théâtres, de salles de concert ou d'opéra et de nombreuses autres institutions culturelles |
(3) Verlust musischer Entfaltungsmöglichkeiten durch Verbote, die gemeinsames Musizieren in Orchestern oder Chören unterbinden |
(3) Perte d'opportunités de développement musical par des interdictions qui empêchent de faire de la musique ensemble dans des orchestres ou des chorales |
(4) Verlust von Gemeinschaftserlebnissen/persönlichem sozialem Miteinander durch Verbot von Zusammenkünften in Vereinen, Verbot von Veranstaltungen, Verbot von Ansammlungen, Schließung von Kneipen usw. |
(4) Perte d'expériences communautaires / de convivialité sociale par l'interdiction des rassemblements dans les clubs, l'interdiction des événements, l'interdiction des rassemblements, la fermeture des pubs, etc. |
(5) Einschränkung sozialer Entwicklungsmöglichkeiten für Kinder durch Schließung von Kindergärten |
(5) Restriction des possibilités de développement social des enfants par la fermeture des jardins d'enfants |
(6) Isolierung von Kindern in Wohnungen ohne Kontakte zu anderen Kindern durch Schließung von Schulen, Kindergärten und Spielplätzen |
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Zu (1) Die Schule ist nicht nur ein Ort der Wissensvermittlung, sondern ein Ort sozialen Lernens. Durch die Schulschließungen entfällt das soziale Lernen praktisch vollständig, die Vereinzelung der Kinder und Jugendlichen wird gefördert. Homeschooling kann gerade von Eltern in migrantischen oder bildungsfernerem Milieu nicht geleistet werden. Die soziale Spaltung der Gesellschaft wird daher verstärkt. Auch das Erlernen der deutschen Sprache bei Kindern aus migrantischen Familien wird massiv gestört. Zu diesen Problemen gibt es inzwischen eine Vielzahl von Berichten aus der Praxis (exemplarisch: "Der Stand in Deutsch? Der ist bei einem Drittel der Schüler |
(6) Isolement des enfants dans les foyers sans contact avec d'autres enfants en fermant les écoles, les jardins d'enfants et les terrains de jeux |
katastrophal". WELT vom 11.01.2021, https://www.welt.de/politik/deutschland/plus224000152/Geschlossene-Schulen-Was-das-fuer-Kinder-in-sozialen-Brennpunkten-bedeutet.html), wissenschaftliche Studien stehen – soweit ersichtlich – noch aus. |
catastrophique ". WELT du 11 janvier 2021, https://www.welt.de/politik/deutschland/plus224000152/Geschlossen-Schulen-Was-das-fuer-Kinder-in-sozialen-Brennpunkten-bedeutet.html), études scientifiques sont - pour autant qu'on puisse le voir - toujours en suspens. |
dd) Folgekosten |
dd) frais de suivi |
(1) von Bund und Ländern an die Wirtschaftssubjekte geleistete Corona-Hilfen |
(1) Aide Corona fournie par les gouvernements fédéral et des États aux entités économiques |
(2) Steuerausfälle infolge der Einschränkung der Wirtschaftstätigkeit durch den Lockdown |
(2) Pertes fiscales dues à la restriction de l'activité économique par le confinement |
(3) Kurzarbeitergeld und Arbeitslosenhilfe, die infolge des Lockdown gezahlt werden mussten |
(3) Prestations de chômage partiel et allocations de chômage qui ont dû être versées à la suite du confinement |
(4) Sozialhilfe für infolge des Lockdown auf Sozialhilfe angewiesene Menschen |
(4) Aide sociale pour les personnes dépendantes de l'aide sociale à la suite du confinement |
Allein der "Corona-Schutzschild", ein am 27.03.2020 beschlossenes Gesetzespaket, hatte ein Volumen von 1,173 Billionen Euro (353,3 Mrd. Euro Hilfsleistungen, 819,7 Mrd. Euro Garantien. Die letzten Bundeshaushalte hatten ein Volumen von 356,4 Mrd. Euro (2019) und 346,6 Mrd. Euro (2018). Auch wenn die gegebenen Garantien nicht per se "verloren" sind, dürften die Belastungen insgesamt die Höhe von mehreren Bundeshaushalten erreichen (Murswiek, aaO, S. 38). |
Le «bouclier protecteur Corona» à lui seul, un paquet législatif adopté le 27 mars 2020, avait un volume de 1,173 billion d'euros (353,3 milliards d'euros d'aide, 819,7 milliards d'euros de garanties. Le dernier budget fédéral avait un volume de 356,4 milliards d'euros. Milliards d'euros (2019) et 346,6 milliards d'euros (2018). Même si les garanties données ne sont pas «perdues» en soi, les charges sont susceptibles de totaliser plusieurs budgets fédéraux (Murswiek, op. Cit., P. 38). |
ee) gesundheitliche und ökonomische Schäden in Ländern des Globalen Südens |
ee) dommages sanitaires et économiques dans les pays du sud du globe |
Der Lockdown im Frühjahr in Thüringen war Teil eines aus 16 Lockdowns der Bundesländer zusammengesetzten, ganz Deutschland umfassenden Lockdowns, der wiederum im Zusammenhang mit der Lockdown-Politik in nahezu allen Ländern der westlichen Welt gesehen werden muss. Daher ist es berechtigt und notwendig, auch nach den Auswirkungen dieser Politik auf die Länder des Globalen Südens zu fragen. Die hier bereits eingetretenen bzw. noch zu erwartenden Kollateralschäden sind enorm. Gründe sind die Unterbrechung von Anti-Tuberkulose-Programmen, die Unterbrechung von Impfprogrammen gegen Kinderkrankheiten, Unterbrechungen in der Nahrungsmittelversorgung durch den Zusammenbruch von Lieferketten u.a.m. Die UN rechnet mit dem Hungertod von mehr als 10.000 Kindern pro Monat im ersten Pandemiejahr (Mehr als 10.000 Kinder verhungern wegen Corona jeden Monat, RP Online vom 28.07.2020, https://rp-online.de/panorama/coronavirus/mehr-als-10000-kinder-verhungern-jeden-monat-krise-durch-corona-verschaerft_aid-52446949). Allein in Afrika werden laut Bundesentwicklungsminister Müller zusätzlich 400.000 Opfer durch Malaria und HIV und eine halbe Million Tuberkulose-Tote als Folge des Lockdowns erwartet (Mehr Corona-Opfer durch Lockdown als durch das Virus: In Afrika wurden die Krisen massiv verschärft, Berliner Zeitung vom 01.10.2020, https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/mehr-tote-durch-lockdown-als-durch-corona-in-afrika-hat-die-pandemie-die-krisen-massiv-verschaerft-li.108228). Laut einem Artikel von John Ioannidis (Global perspective of COVID-19 epidemiology for a full-cycle pandemic, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/eci.13423) sollen in den nächsten 5 Jahren sogar 1,4 Millionen zusätzliche Tuberkulose-Tote zu befürchten sein. Langfristig werde die Übersterblichkeit durch die Maßnahmen wahrscheinlich deutlich größer als die Zahl der COVID-19-Toten sein. |
Le confinement de printemps en Thuringe faisait partie d'un confinement composé de 16 confinements des États fédéraux, qui englobaient l'Allemagne et qui à son tour doivent être considérés en relation avec la politique de confinement dans presque tous les pays du monde occidental. Il est donc justifié et nécessaire de s’interroger sur les effets de cette politique sur les Länder du Sud. Les dommages collatéraux qui se sont déjà produits ou auxquels on doit encore s'attendre sont énormes. Les raisons en sont l'interruption des programmes antituberculeux, l'interruption des programmes de vaccination contre les maladies infantiles, les interruptions de l'approvisionnement alimentaire en raison de la rupture des chaînes d'approvisionnement, etc. à cause de Corona chaque mois, RP Online à partir du 28/07/2020, https://rp-online.de/panorama/coronavirus/mehr-als-10000-kinder-verhungern-jeden-monat-krise-durch-corona-verschaerft_aid-52446949) . Selon le ministre fédéral du Développement Müller, 400000 victimes supplémentaires du paludisme et du VIH et un demi-million de décès dus à la tuberculose à la suite du confinement sont attendus rien qu'en Afrique (plus de victimes corona du confinement que du virus: en Afrique, les crises se sont intensifiées massivement, Berliner Zeitung à partir du 01.10 .2020, https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/mehr-tote-durch-lockdown-als-durch-corona-in-afrika-hat-die-pandemie-die-krisen-massiv-verschaerft -li 108228). Selon un article de John Ioannidis (Global perspective of COVID-19 epidemiology for a full-cycle pandemic, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/eci.13423) dans les 5 prochaines années, même 1, 4 millions de décès supplémentaires dus à la tuberculose sont à craindre. À long terme, la surmortalité due aux mesures sera probablement beaucoup plus élevée que le nombre de décès dus au COVID-19. |
Da die Lockdown-Politik in Thüringen ein – wenn auch natürlich sehr kleiner – Teil einer nahezu alle westlichen Industrieländer betreffenden Lockdown-Politik ist, sind diese Schäden, soweit sie nicht aus von den betroffenen Staaten selbst zu verantwortenden politischen Entscheidungen resultieren, sondern indirekte Folge der Lockdowns in den Industrieländern sind, auch anteilig ihr zuzurechnen und deshalb grundsätzlich in die Verhältnismäßigkeitsprüfung mit einzustellen. |
La politique de confinement en Thuringe s'inscrivant dans une politique de confinement qui touche presque tous les pays industrialisés occidentaux - bien que très minime, bien sûr - ce dommage, dans la mesure où il ne résulte pas de décisions politiques dont les États concernés sont responsables, est une conséquence indirecte des confinements dans les pays industrialisés lui sont également proportionnellement imputables et sont donc généralement inclus dans le test de proportionnalité. |
d. Nach dem Gesagten kann kein Zweifel daran bestehen, dass allein die Zahl der Todesfälle, die auf die Maßnahmen der Lockdown-Politik zurückzuführen sind, die Zahl der durch den Lockdown verhinderten Todesfälle um ein Vielfaches übersteigt. Schon aus diesem Grund genügen die hier zu beurteilenden Normen nicht dem Verhältnismäßigkeitsgebot. Hinzu kommen die unmittelbaren und mittelbaren Freiheitseinschränkungen, die gigantischen finanziellen Schäden, die immensen gesundheitlichen und die ideellen Schäden. Das Wort "unverhältnismäßig" ist dabei zu farblos, um die Dimensionen des Geschehens auch nur anzudeuten. Bei der von der Landesregierung im Frühjahr (und jetzt erneut) verfolgten Politik des Lockdowns, deren wesentlicher Bestandteil das allgemeine Kontaktverbot war (und ist), handelt es sich um eine katastrophale politische Fehlentscheidung mit dramatischen Konsequenzen für nahezu alle Lebensbereiche der Menschen, für die Gesellschaft, für den Staat und für die Länder des Globalen Südens. |
d. Cela dit, il ne fait aucun doute que le nombre de décès causés par les seules mesures de confinement est plusieurs fois supérieur à celui des décès évités par le confinement. Pour cette seule raison, les normes à apprécier ici ne satisfont pas à l'exigence de proportionnalité. À cela s'ajoutent les restrictions directes et indirectes à la liberté, les dégâts financiers gigantesques, les dommages immenses à la santé et à l'idéal. Le mot «disproportionné» est trop incolore pour même suggérer les dimensions de ce qui se passe. La politique de confinement menée par le gouvernement de l'État au printemps (et maintenant à nouveau), dont l'interdiction générale des contacts était (et est) une partie essentielle, est une erreur politique catastrophique aux conséquences dramatiques pour presque tous les domaines de la vie des gens, pour la société, pour l'État et pour les pays du Sud. |
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Document traité pour la Revue C-Politix
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